18.11.2020

996. Bundesratssitzung vom 18. November 2020

+++ Bevölkerungsschutzgesetz +++

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 996. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat dem dritten Bevölkerungsschutzgesetz mit den Stimmen des Freistaates Sachsen nur wenige Stunden nach dem Beschluss des Deutschen Bundestags zugestimmt. Das Gesetz soll noch am selben Tag dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, damit es so rasch wie möglich in Kraft treten kann.

Das Gesetz regelt im Kern die nachfolgenden Punkte:

Rechtliche Klarstellung und Fundierung von Infektionsschutzmaßnahmen

Zur rechtlichen Klarstellung und Fundierung wird ein §28a im Infektionsschutzgesetz (IfSG) eingefügt, der einen konkreten Katalog von möglichen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID 19 enthält. Als Messlatte für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen werden Schwellenwerte des Infektionsgeschehens definiert. Auf dieser Grundlage können die Länder Verordnungen mit begründeten Maßnahmen erlassen, die auf 4 Wochen befristet sind. Die Möglichkeit der Maßnahmen ist auf die Bekämpfung der COVID 19 Erkrankung begrenzt und an die Ausrufung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag gekoppelt. In Ausnahmefällen können auch Landesparlamente eine epidemische Notlage ausrufen, wenn diese keine nationale Tragweite hat. Die Kriterien hierfür werden durch das Gesetz bestimmt. Sämtliche Maßnahmen auf Grundlage der epidemischen Lage enden automatisch am 31. März 2021 oder wenn der Deutsche Bundestag die epidemische Lage davor für beendet erklärt. Dies gilt auch für die Möglichkeiten des Bundesgesundheitsministeriums, in eng definierten Fällen Verordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates zu erlassen. Mit einem Beschluss hat der Deutsche Bundestag festgestellt, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite, die der Deutsche Bundestag am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 für die Bundesrepublik Deutschland festgestellt hatte, fortbesteht.

Mit der Einführung des §28a IfSG trägt das Gesetzgebungsverfahren den Diskussionen der letzten Wochen Rechnung. Die bisher maßgeblich auf Grundlage der §§ 28 ff., 32 IfSG getroffenen notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie greifen teilweise erheblich in grundrechtliche Freiheiten ein. Sie dienen dem Schutz der Bevölkerung und stützen sich auf die Gewährleistung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Um den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Parlamentsvorbehalts bei so weitreichendenden Eingriffen in grundrechtliche Freiheiten Rechnung zu tragen, wird mit dem §28a IfSG eine gesetzliche Präzisierung im Hinblick auf Dauer, Reichweite und Intensität möglicher Maßnahmen vorgenommen. Hierdurch nimmt der Gesetzgeber die Abwägung der zur Bekämpfung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite erforderlichen Maßnahmen und den betroffenen grundrechtlichen Schutzgütern vor und regelt die wesentlichen Entscheidungen. Angesichts der länger andauernden Pandemielage und absehbar fortgesetzt erforderlichen eingriffsintensiven Maßnahmen hatten mehrere Verwaltungsgerichte, die Fraktionen des Bundestages aber auch der Bundesrat eine solche Konkretisierung durch den Gesetzgeber gefordert. Der Freistaat Sachsen hatte diese Forderung unterstützt.

Bessere Nachverfolgung des Infektionsgeschehens durch digitale Einreiseanmeldung

Die bislang vorgesehenen Regelungen zum Reiseverkehr werden für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite angepasst. Eine digitale Einreiseanmeldung kann nach Aufenthalt in Risikogebieten verordnet werden, um eine bessere Nachvollziehbarkeit der Quarantäneeinhaltung durch die zuständigen Behörden zu ermöglichen.

Weitere Unterstützung für erwerbstätige Eltern

Die mit dem ersten Bevölkerungsschutzgesetz im März 2020 geschaffene Entschädigungsregelung für Eltern wird fortgeführt, bei einem unter Quarantäne gestellten Kind ist ebenfalls eine Entschädigungszahlung möglich.

Anspruch auf Verdienstausfall wird neu geregelt

Der Begriff des Risikogebiets wird legaldefiniert. In diesem Zusammenhang soll die Entschädigung wegen Verdienstausfalls künftig ausgeschlossen sein, wenn der Absonderung eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet zugrunde liegt.

Weiterentwicklung der verwendeten Surveillance-Instrumente

Damit weitere wissenschaftliche Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus und den Verlauf der Pandemie gewonnen werden können, sieht das Gesetz neuartige epidemiologische Überwachungs-Instrumente beim Robert Koch-Institut vor, die eine fortlaufende und systematische wissenschaftliche Erfassung, Analyse und Bewertung einzelner Krankheitserreger oder Krankheitszeichen ermöglichen.

Mehr Laborkapazitäten für Corona-Tests

Im Sinne einer effizienten Nutzung der vorhandenen Testkapazität wird der Arztvorbehalt modifiziert, um patientennahe Schnelltests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 einsetzen zu können und bei Bedarf auch Kapazitäten der veterinärmedizinischen Labore abrufen zu können.

Breiter Zugang zu Schutzimpfungen

In Bezug auf Schutzimpfungen und Testungen sollen nicht nur Versicherte, sondern auch Nichtversicherte einen entsprechenden Anspruch haben können, wenn eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit dies vorsieht. Die Rechtsverordnung kann für die entsprechenden Leistungen auch Regelungen u. a. zur Vergütung und Abrechnung vorsehen.

Interessen der Länder

Da der Gesetzgebungsprozess über eine Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages beschleunigt wurde, nutzten die Länder neben ihrer Stellungnahme im Bundesrat auch enge Absprachen mit der Bundesregierung und den Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag, um ihnen wichtige Punkte im Gesetzentwurf zu verankern. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen wurden u.a. durch Änderungsanträge der Regierungsfraktionen im Gesetz umgesetzt. Dazu gehört u.a. eine finanzielle Absicherung für Krankenhäuser, die planbare Operationen und Behandlungen verschieben, um ausreichend Personal-, Betten- und Intensivkapazitäten für COVID-19-Patienten bereit zu halten. Ebenfalls wurde über einen Änderungsantrag ein verbesserter Datenschutz für Daten verankert, die für eine Kontaktnachverfolgung im Infektionsfall, etwa beim Besuch von Restaurants, abgegeben werden. Wichtig war den Ländern auch, dass der Bund weiterhin mindestens 50 % der Entschädigungsleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz übernimmt. Insbesondere mit der Ausweitung von Ansprüchen werden von den Ländern hier beträchtliche Mehrausgaben erwartet.

Der Freistaat Sachsen hat gemeinsam mit anderen Ländern eine Protokollerklärung abgegeben, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, bei der Entschädigung von Krankenhäusern, auch auf regionale Versorgungskonzepte für COVID 19 Patienten Rücksicht zu nehmen.

zurück zum Seitenanfang