24.11.2017

962. Bundesratssitzung vom 24. November 2017

Wichtigste Themen: Stoffstrombilanz + EU-Cybersicherheitsstrategie + Europäische Bankenunion

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 962. Sitzung des Bundesrates.

Das Ende einer langen Ära: Nach 18 Jahren Bundesratsmitgliedschaft nahm Ministerpräsident Stanislaw Tillich am 24. November 2017 zum letzten Mal Platz in der sächsischen Länderbank. Bundesratspräsident Michael Müller würdigte zum Abschied das große Engagement Tillichs und dankte ihm für die Zusammenarbeit.

Tillich habe sich um den Bundesrat und die Interessen der Länder besonders verdient gemacht, erklärte Michael Müller. Ob als Ausschussmitglied, Ausschussvorsitzender oder als Vorsitzender der deutsch-russischen Freundschaftsgruppen. Das Amt des Bundesratspräsidenten habe er würdevoll und mit großem Engagement ausgeübt, unterstrich Müller.

Den Vorsitz des Bundesrates führte Tillich vom 1. November 2015 bis 30. Oktober 2016. »Brücken bauen« war das Motto seiner Amtszeit. Getreu diesem Motto setzte sich Stanislaw Tillich intensiv für die Stärkung und den Ausbau der internationalen Beziehungen des Bundesrates ein.

Bislang einzigartig: Der damalige Bundesratspräsident empfing am 27. November 2015 Deutschlands Staatsoberhaupt in der Länderkammer. Mit Joachim Gauck sprach zum ersten Mal ein Bundespräsident vor den Bundesratsmitgliedern.

Der Bundesrat hat zu einer Mitteilung zur EU-Cybersicherheitsstrategie Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat wesentliche Teile der Stellungnahme unterstützt.

Angesichts der rasant ansteigenden Hacker-Attacken möchte die Europäische Kommission die EU besser vor Cyberangriffen schützen. Der wirtschaftliche Schaden durch Cyberkriminalität habe sich in den letzten fünf Jahren verfünffacht; bis 2019 könnte er sich erneut vervierfachen, heißt es in der Mitteilung. Zur Stärkung der Cybersicherheitskapazität schlägt die Kommission neue Instrumente vor. Sie will die europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) stärken und zur EU-Agentur für Cybersicherheit ausbauen. Geplant sind außerdem ein EU-weiter Rahmen für die Cybersicherheitszertifizierung, der Aufbau eines Notfallmanagements sowie die Errichtung eines Europäischen Forschungs- und Kompetenzzentrums für Cybersicherheit. Darüber hinaus möchte die Kommission das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität bei Europol stärken und Strafverfolgungsmaßnahmen beschleunigen.

Der Bundesrat fordert u.a. eine nähere Untersuchung der Rolle der Verschlüsselung beim Schutz der inneren Sicherheit und bei strafrechtlichen Ermittlungen, eine klare Justierung der Gewährleistungsrechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern und eine konzeptionelle Klärung des Einsatzes und der Weiterentwicklung von »Open Source«-Technologie durch die öffentliche Hand.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine kritische Stellungnahme zu den überarbeiteten Überlegungen der EU-Kommission zur Einführung eines europäischen Einlagensicherungssystems (EDIS) beschlossen.

Die Kommission schlägt vor, EDIS in einem ersten Schritt auf die Liquiditätsdeckung zu beschränken und die Verlustdeckung auszuklammern (Rückversicherungsphase). In einem zweiten Schritt ab 2022 soll EDIS dann neben der vollständigen Liquiditätsdeckung auch die Verluste von Pleitebanken decken.

Der Bundesrat bekräftigte u.a. seine ablehnende Stellungnahme vom 29. Januar 2016 zum Verordnungsvorschlag zur Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems (BR-Drucksache 640/15 (Beschluss)). Er betont, dass ein EDIS nur dann einen zusätzlichen Beitrag zur Stabilität des Bankensystems und zur Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte leisten kann, wenn auch die Risiken in einer Bankenunion ausgeglichen verteilt sind. Das zweistufige System des KOM-Vorschlages hingegen führt nach Überzeugung des Bundesrates im finalen Stadium zu einer de facto Vergemeinschaftung nationaler Einlagensicherungen in voller Höhe und damit eine vertragswidrigen Kollektivhaftung.

Kommt es zum Ausfall einer Bank, sollen Liquiditätsdefizite der nationalen Einlagensicherungssysteme bis zu 100 Prozent mit Krediten des europäischen Einlagensicherungssystems überbrückt werden. Diese Kredite sollen durch Beiträge aller Banken finanziert werden. Bereits diese Form der Liquiditätsdeckung ist nach Auffassung des Bundesrates so angelegt, dass sie zu Lasten des gesamten europäischen Bankensektors gehen kann und insofern falsche Anreize auf Seiten der Banken und der nationalen Aufseher schafft.

Darüber hinaus betont der Bundesrat, dass es in Deutschland derzeit keine Anzeichen für ein systemweites Problem durch notleidende Kredite gebe. Hierzu hätten nicht zuletzt die hohen Kreditvergabestandards des deutschen Bankensektors mit seiner Vielzahl an kleinen und mittelständischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken beigetragen. Dies müsse im Hinblick auf neue regulatorische Maßnahmen zum Abbau fauler Kredite berücksichtigt werden. Unnötige bürokratische Belastungen seien zu vermeiden. Sie würden allenfalls die Kreditvergabekapazität solider Banken einschränken.

Der Bundesrat hat der Verordnung über die Stoffstrombilanz mit Maßgaben zugestimmt. Mit der Verordnung wird die Novellierung des Düngerechts weitgehend abgeschlossen.
Der Freistaat Sachsen hat hierbei die Änderungen unterstützt, die einen Konsens zwischen Bundesregierung und den Ländern umsetzen.

Der Bundesrat hatte den damaligen Verordnungsvorschlag am 22.September 2017 von der Tagesordnung abgesetzt. In der Zwischenzeit war eine Konsenslösung zwischen Bund und Ländern erarbeitet worden. Der Konsens umfasst die Möglichkeit für den Landwirt bei der Bewertung der dreijährigen betrieblichen Stoffstrombilanzen, zwischen zwei verschiedenen Verfahren zu wählen:

  1. mit einem zulässigen Bilanzwert von 175 Kilogramm Stickstoff je Hektar oder
  2. auf der Grundlage der Berechnung eines zulässigen dreijährigen Bilanzwertes nach Anlage 4 der Verordnung.

Ziel der Verordnung insgesamt ist es, den Stickstoff- und Phosphoreintrag in den Boden und ins Grundwasser deutlich zu senken und so u.a. die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie umzusetzen. Das kürzlich novellierte Düngegesetz schreibt dafür ab 2018 die Erstellung einer sogenannten Stoffstrombilanz für fast alle landwirtschaftlichen Betriebe vor. Die Verordnung umfasst Vorgaben zur Mengenerfassung und Bilanzierung von Stickstoff und Phosphor, die einem Betrieb zugeführt und von ihm abgegeben bzw. verkauft werden.

Der Freistaat Sachsen lehnte in den Ausschüssen alle Änderungen ab, die den Bürokratieaufwand für die Betriebe deutlich erhöhen würden und Tierhaltungsbetriebe durch zu stringente Auflagen wirtschaftlich gefährden könnten.

Der Bundesrat hat der Sozialversicherungsentgeltverordnung zugestimmt.

In der Verordnung ist geregelt, welche geldwerten Vorteile von Beschäftigten bei gewährten Sachleistungen als Beträge zur Sozialversicherung abgeführt werden müssen und welche Teile des Arbeitsentgelts in Anlehnung an das Steuerrecht auch in der Sozialversicherung als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 SGB IV soll der Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus angepasst werden, wobei eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sichergestellt werden soll. Die Anpassung soll sich an der Entwicklung der Verbraucherpreise orientieren.

Der Verbraucherpreisindex für Verpflegung im Bereich Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen ist im maßgeblichen Zeitraum von Juni 2016 bis Juni 2017 um 2,0 Prozent, der Wert für Unterkunft oder Mieten um 1,3 Prozent gestiegen. Auf dieser Grundlage wird der Monatswert für die Verpflegung für 2018 im Rahmen der jährlichen Anpassung von 241 auf 246 Euro angehoben.

Mit der Änderung der Beitragsverfahrensverordnung und der Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung erfolgt eine Anpassung des bereichsspezifischen Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679, die Datenschutz-Grundverordnung. In der Entgeltbescheinigungsverordnung erfolgt eine Klarstellung, dass nur steuerpflichtige Bestandteile von sonstigen Personalnebenkosten im Gesamtbrutto zu erfassen sind.

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