23.11.2018

972. Bundesratssitzung vom 23. November 2018

Wichtigste Themen: Teilzeit + Rentenpaket (AAÜG) + Entlastung Familien + Parität GKV + Pflege + Dopingopfer + Asyl + Maut + Planungsbeschleunigung + Arzttermine + Kosten Integration + Energiewende + Zeitumstellung

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 972. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens den Gesetzesbeschluss des Bundestags zur Einführung einer Brückenteilzeit passieren lassen. Das Gesetz kann somit wie geplant am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Zuvor hatte der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der auf eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurückgeht, am 18. Oktober 2018 in 2. und 3. Lesung unverändert beschlossen.

Das Gesetz räumt Beschäftigten erstmals ein allgemeines Recht auf befristete Teilzeit mit anschließender Rückkehr in Vollzeit ein. Bisher gab es einen solchen Anspruch nur bei Elternzeit, Pflegezeit oder Familienpflegezeit. Von der Neuregelung profitieren Beschäftigte in Unternehmen mit mindestens 45 Mitarbeitern. Sie können künftig – ohne besondere Gründe – zwischen einem und fünf Jahre befristet in Teilzeit arbeiten, wenn ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und keine schwerwiegenden betrieblichen Gründe dagegensprechen. Zur Planungssicherheit des Arbeitgebers ist die einmal getroffene Teilzeitregelung verbindlich; ein Recht auf frühere Rückkehr in Vollzeit oder eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit gibt es nicht. Zudem müssen Arbeitgeber mit 46 bis 200 Arbeitnehmern nur einem vom 15 Beschäftigten die temporäre Teilzeit einräumen.

Der Bundesrat hat das Rentenpaket der Bundesregierung heute mit den Stimmen Sachsens passieren lassen.

Der Bundesrat hatte sich im sogenannten ersten Durchgang bei der Beratung des Gesetzentwurfs am 19. Oktober diesen Jahres u. a. dafür ausgesprochen, die spürbaren Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten nicht nur für Rentenneuzugänge einzuführen, sondern wirkungsgleich auch auf die Bestandsrentner zu übertragen. Zudem wollte der Bundesrat auf sächsische Initiative hin die Einbeziehung der Beschäftigten in Objekten des Altbergbaus in die knappschaftliche Rentenversicherung erreichen. Auch eine sächsische Forderung zur Entlastung der ostdeutschen Länder bei den DDR-Sonderrenten (AAÜG) hatte sich der Bundesrat zu eigen gemacht. Im Jahr 2022 werden die Erstattungen der ostdeutschen Länder nach dem AAÜG insgesamt ein Niveau von voraussichtlich rund 3,1 Mrd. Euro erreichen. Allein für Sachsen ist im Jahr 2018 mit AAÜG-Ausgaben in Höhe von 832 Mio. Euro zu rechnen. Diese steigen mittelfristig weiter an und werden in Sachsen voraussichtlich in der Spitze ein Niveau von jährlich rund 1 Mrd. Euro erreichen. Diese Zahlungen, die nur von den Ostländern geleistet werden, sind für diese Länder mit ausgeprägter Struktur- und Finanzschwäche eine erhebliche Last, die den weiteren ostdeutschen Aufholprozess und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland erschwert. Der Freistaat Sachsen fordert von der Bundesregierung deshalb weiterhin eine signifikante Erhöhung des Bundesanteils, wie im Übrigen auch im Koalitionsvertrag angekündigt. Der Deutsche Bundestag hatte diese Ansinnen im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses nicht aufgegriffen.

Die wesentlichen Inhalte des Gesetzes:

  • In der gesetzlichen Rentenversicherung wird für den absehbaren Zeitraum bis 2025 eine doppelte Haltelinie für das Sicherungsniveau bei 48 % und den Beitragssatz bei 20 % eingeführt; für die Zeit nach dem Jahr 2025 erfolgt noch keine Festlegung.
  • Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit sollen eine höhere Erwerbsminderungsrente bekommen, indem das Ende der Zurechnungszeit für Rentenzugänge im Jahr 2019 in einem Schritt auf das Alter von 65 Jahren und acht Monaten verlängert wird. Anschließend wird ab dem Jahr 2020 das Ende der Zurechnungszeit schrittweise bis 2031 auf das vollendete 67. Lebensjahr angehoben.
  • Elternteile erhalten künftig für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern ein weiteres halbes Kinderziehungsjahr (0,5 Entgeltpunkte) in der GRV anerkannt.
  • Um Geringverdiener bei den Sozialabgaben zu entlasten, wird die bisherige Gleitzone, in der Beschäftigte mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450,01 bis 850,00 Euro verringerte Arbeitnehmerbeiträge zahlen, aber damit im Regelfall auch geringere Rentenanwartschaften erwerben, zu einem sozialversicherungsrechtlichen Einstiegs- bzw. Übergangsbereich weiterentwickelt: die Obergrenze der Beitragsentlastung wird auf 1.300 Euro angehoben, und es wird sichergestellt, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen.

Weitergehende Informationen finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

 

Der Bundesrat hat dem Familienentlastungsgesetz mit den Stimmen Sachsens zugestimmt. Das Gesetz kann damit wie geplant in Kraft treten. In den Jahren 2019 und 2020 werden damit die Bürger – insbesondere Familien – um insgesamt um rund. 9,8 Mrd. € entlastet.

Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen vorgesehen: Das Kindergeld wird in einem ersten Schritt ab 1. Juli 2019 um 10 Euro pro Kind und Monat erhöht. Der steuerliche Kinderfreibetrag wird in den Jahren 2019 und 2020 entsprechend angepasst (2019 und 2020 um jeweils 192 Euro). In den Jahren 2019 und 2020 wird außerdem der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer erhöht (2019 um 168 Euro, 2020 um 240 Euro). Außerdem wird für die Jahre 2019 und 2020 der Effekt der »kalten Progression« ausgeglichen, d.h. die Eckwerte des Einkommensteuertarifs werden um die Inflationsrate des Vorjahres verschoben.

Der Bundesrat dem »Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften« mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Mit dem Gesetz sollen einerseits Umsatzsteuerausfälle beim Handel mit Waren auf elektronischen Marktplätzen im Internet verhindert werden. Zum anderen werden vielfältige Änderungen im Steuerrecht vorgenommen: Die Elektromobilität soll dadurch gefördert werden, dass für privat genutzte Elektro- und Hybridelektrodienstfahrzeuge nur 0,5 % des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil anzusetzen sind. Job-Tickets werden ebenso steuerbefreit wie privat genutzte betriebliche Fahrräder oder Elektrofahrräder. Bei der Steuerbefreiung für Arbeitgeberleistungen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung wird eine Übergangsregelung für nicht zertifizierte Maßnahmen gewährt. Steuerbefreit werden auch die Organisationsleistungen von Sportdachverbänden.

Der Bundesrat hat GKV-Versichertenentlastungsgesetz mit den Stimmen Sachsens passieren lassen.

Ab dem 1. Januar 2019 werden nun die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wieder in gleichem Maße von den Arbeitgebern und den Beschäftigten bzw. bei Rentenbeziehern von den Rentenversicherungsträgern und den Rentnern paritätisch getragen. Auch der Zusatzbeitrag, bisher von den GKV-Mitgliedern alleine getragen, wird dann paritätisch finanziert. Die Beitragsbemessungsgrundlage, auf deren Basis der Krankenversicherungsbeitrag bei selbstständig Erwerbstätigen errechnet wird, wird zur Entlastung der Versicherten abgesenkt.

Der Bundesrat hat das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz mit den Stimmen Sachsens passieren lassen, so dass dieses nun wie vorgesehen in Kraft treten kann.

Die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen sollen als Sofortprogramm Pflege erste spürbare Entlastungen im Alltag für die Pflegekräfte bringen. Dies soll durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege erreicht werden. Die gestiegene Arbeitsbelastung bei den Pflegekräften haben zu einem höheren Krankenstand und zu ein frühzeitigen Ausscheiden aus diesem für die Gesellschaft so wichtigen Beruf geführt.

In weiteren Schritten sollen nun Pflegepersonaluntergrenzen für alle Betten führenden Abteilungen in den Krankenhäusern eingeführt werden. In der ambulanten und stationären Langzeitpflege sollen verbindliche Personalbemessungsinstrumente Verbesserungen bringen. Zudem hat die Bundesregierung die Konzertierte Aktion Pflege gestartet.

Weitergehende Informationen finde Sie auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens das Gesetz zur Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021 und Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes sowie Bundesbesoldungsgesetzes beschlossen.

Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens hat der Deutsche Bundestag in das Gesetz eine Verlängerung der Antragsfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Zweiten Doping-Hilfegesetz bis zum 31. Dezember 2019 beschlossen.

Hochleistungssportler wurden in der DDR systematisch und ohne ihr Wissen im staatlichen Auftrag gedopt. Etliche dieser Sportlerinnen und Sportler erlitten dadurch erhebliche gesundheitliche Schäden. Aufgrund eines ersten Dopingopfer-Hilfegesetzes sind an Betroffene bis Ende 2007 insgesamt 2 Millionen ausgezahlt worden, im jeweiligen Einzelfall erfolgte eine einmalige finanzielle Unterstützung in Höhe von rund 10.500 Euro.

Zwischenzeitlich sind viele Opfer bekannt, die nach damaligen Kriterien einen Anspruch auf eine entsprechende finanzielle Hilfe gehabt hätten, aber nicht berücksichtigt werden konnten. So hat sich beispielsweise gezeigt, dass einige schwere Gesundheitsschäden infolge des Dopings erst jetzt zu Tage treten. Diese Personen sollen nun nach denselben Kriterien, in gleicher Verfahrensweise und in entsprechender Höhe einmalige Zahlungen erhalten. Hierzu wurde mit dem zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz in 2016 erneut ein Fonds eingerichtet, der ausgehend von ca. 1 000 Anspruchsberechtigten mit 10,5 Millionen Euro ausgestattet worden war. Dieser Fonds nun durch das Gesetz um 3,15 Millionen auf 13,65 Millionen Euro aufgestockt.

Der Bundesrat hat das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylgesetzes mit den Stimmen Sachsens beschlossen. Mit dem Gesetz wird ein für den Freistaat wichtiges Anliegen umgesetzt.

Nunmehr wird neben der bereits bestehenden Mitwirkungspflicht für Asylbewerber im Asylantragsverfahren künftig auch eine Mitwirkungspflicht des Schutzberechtigten in Widerrufs- und Rücknahmeverfahren gesetzlich vorgeschrieben. Dies betrifft beispielsweise das persönliche Erscheinen oder auch die Mitwirkung bei der Identitätsfeststellung. Eingeführt wird deshalb auch eine Mitwirkungspflicht zur Dokumentenbeschaffung. Der Deutsche Bundestag hat zudem die Änderungsbegehren des Bundesrates zur Erweiterung der Zulässigkeit der Datennutzung für Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr und der erkennungsdienstlichen Behandlung im Widerrufs- und Rücknahmeverfahren aufgegriffen.

Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungspflicht nicht oder nicht vollständig nach, soll die Anwendung von Verwaltungszwang die regelmäßige Folge sein. Da Zwangsmaßnahmen nach geltender Rechtslage selbständig mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden können, soll eine Klage gegen entsprechende Zwangsmaßnahmen keine aufschiebende Wirkung haben, um so das Risiko zu minimieren, dass entsprechende Klagen allein zur Verfahrensverzögerung erhoben werden. Der einstweilige Rechtsschutz bleibt hiervon unberührt, so dass streitige Fragen im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens zügig geklärt werden können.

Zum Hintergrund:
Das Asylgesetz enthält in seiner jetzigen Fassung lediglich eine ausdrückliche Regelung zur Mitwirkungspflicht der Asylsuchenden im Asylantragsverfahren, nicht jedoch in Widerrufs- und Rücknahmeverfahren. Das Asylgesetz sieht vor, dass spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennung als Asylberechtigter beziehungsweise der Zuerkennung als Flüchtling, zu überprüfen ist, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf oder für eine Rücknahme vorliegen. Dabei hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) alle für die Entscheidung maßgeblichen Umstände aufzuklären, zu berücksichtigen und zu bewerten.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen des Freistaates Sachsen die Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes gebilligt, nachdem der Bundestag den Gesetzesentwurf der Bundesregierung mit einigen Änderungen verabschiedet hatte.

Mit der Gesetzesänderung sollen ab Januar 2019 für Lkw auf Autobahnen und Fernstraßen neue Mautsätze gelten. Dabei orientiert sich die Höhe der Lkw-Maut an den Kosten für Bau, Betrieb und Instandhaltung des Straßennetzes. Diese Kosten werden in regelmäßigen Abständen durch sogenannte Wegekostengutachten ermittelt. Auf Basis des neuen Gutachtens werden die Mautsätze nun aktualisiert. Dabei werden in den Mautsätzen ab 2019 auch die Kosten der Lärmbelastung und Luftverschmutzung berücksichtigt. Zudem erhöhen die Gewichtsklassen als zusätzliche Berechnungsgrundlage die Verursachergerechtigkeit im Vergleich zu den bisherigen Achsklassen. Hierdurch werden leichtere Nutzfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 7,5 und 18 Tonnen entlastet, was bspw. handwerklichen Betrieben zugutekommt.

Befreiungstatbestände sieht das Gesetz für Elektro-Lkw vor, auch mit Erdgas betriebene Lkw sind bis 2020 von der Maut befreit, ebenso land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h. Diese Ausnahme geht im Übrigen auf eine Forderung des Bundesrates in dessen Stellungnahme zum ursprünglichen Regierungsentwurf zurück.

Keine Berücksichtigung im Gesetz fand hingegen die Mautbefreiung von Fahrzeugen, die im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge zur Sicherstellung der Abfallbeseitigung und -entsorgung genutzt werden. Hierzu hatte der Freistaat Sachsen im ersten Durchgang einen Plenarantrag gestellt.

Für den Zeitraum 2019 bis 2022 rechnet der Bund schließlich mit Mehreinnahmen von knapp 4,2 Milliarden Euro, die sodann zweckgebunden in die Straßeninfrastruktur fließen.

Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Es handelt sich dabei um ein Mantelgesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes, des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, des Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetzes und des Bundeswasserstraßengesetzes.

Folgende, wesentliche Instrumente sollen dabei eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben bewirken:

  • Vorläufige Anordnung vorbereitender Maßnahmen oder von Teilmaßnahmen
  • Verzicht auf den Erörterungstermin auch bei umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Vorhaben
  • Plangenehmigung bei umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Vorhaben
  • Übernahme der strengen Klagebegründungsfristen aus § 6 Umweltrechtsbehelfsgesetz
  • Zugänglichmachung der Bekanntmachungen und Planunterlagen über das Internet
  • Regelung zur Einsetzung eines Projektmanagers.

Für den Bereich Bundeseisenbahnen sind zusätzlich folgende Änderungen vorgesehen:

  • Regelungen zur Aktualisierung des Betriebsprogramms in laufenden Planfeststellungsverfahren
  • Bestimmung des Eisenbahn-Bundesamts als Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde.

Die zudem vom Bundesrat gefasste Entschließung, in der weitere Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren aufgezeigt werden, wurde vom Freistaat Sachsen in Teilen unterstützt.
Dabei sieht auch der Freistaat Sachsen über das Beschlossene hinaus noch weiteren Handlungsbedarf und unterstützte daher die Forderung nach Lösungsansätzen bei weiteren grundlegenden Problemen, die zu langen Verfahrensdauern führen. Zum Teil liegen diese auf der Ebene des Völker- und Europarechts.

Im ersten Durchgang hatte der Freistaat Sachsen die Bundesregierung mit einer Protokollerklärung aufgefordert, zu prüfen, ob und inwieweit in geeigneten Fällen die Öffnung von Mindeststandards und die Schaffung von Experimentierklauseln im Bundesrecht dazu beitragen können, Strukturwandelprozesse in betroffenen Regionen wie etwa der Lausitz zu unterstützen.

Der Bundesrat hat den „Entwurf eines Gesetzes zur fortgesetzten Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten der Länder und Kommunen und zur Regelung der Folgen der Abfinanzierung des Fonds »Deutsche Einheit« im ersten Durchgang beraten und eine Stellungnahme verabschiedet.

Der Entwurf setzt die Einigung des Bundes mit den Ländern vom 18. September 2018 zur Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten um. Insofern besteht nunmehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in Bezug auf die Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten bis einschließlich 2019. Der Gesetzentwurf regelt auch die Folgen der Abfinanzierung des Fonds Deutsche Einheit (FDE) und enthält eine Erhöhung der Mittel für die sozialen Wohnraumförderung um 500 Mio. € einmalig in 2019.

In seiner Stellungnahme fordert der Bundesrat die Bundesregierung mit der Unterstützung Sachsens auf, noch in 2018 gemeinsam mit den Ländern einen Beschluss darüber zu fassen, wie die Bundesbeteiligung an den flüchtlingsbedingten Kosten in den Jahren ab 2020 fortgesetzt wird. Der Bundesrat hält es außerdem für erforderlich, für zukünftige Spitzabrechnungen eine für alle Seiten nachvollziehbare Berechnungsgrundlage zu schaffen. Auch bittet der Bundesrat, den Transferweg für die Entlastung der Kommunen von den Kosten der Unterkunft von Flüchtlingen zu ändern. Beim »Fonds Deutsche Einheit« sind die Länder der Meinung, dass ihnen 140 Mio. € mehr zustehen, als im Gesetzentwurf vorgesehen.

Der Bundesrat hat sich im ersten Durchgang mit dem Krankenversicherung Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) beschäftigt und zum Gesetz umfangreich Stellung genommen.

Eine qualitativ gute und gut erreichbare medizinische Versorgung aller Versicherten und Patienten ist zentrale Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, heißt es in dem Gesetzentwurf. Der Entwurf zielt darauf ab, allen Versicherten einen gleichwertigen Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung zu ermöglichen, indem Wartezeiten auf Haus-, Kinder- und Facharzttermine verkürzt und das Sprechstundenangebot der Ärzte erweitert werden. Zudem sollen die Leistungsansprüche der Versicherten in einzelnen Bereichen der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung erweitert. Die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen sollen im Versorgungsalltag stärker praktisch nutzbar gemacht werden. Im Einzelnen ist vorgesehen, für schnellere Arzttermine die Terminservicestellen zukünftig über die bundesweit einheitliche Notdienstnummer 116117 – 24 Stunden täglich, 7 Tage die Woche (24/7) – erreichbar zu machen. In Akutfällen werden Patienten von hier während der Sprechstundenzeiten an Arztpraxen oder Notfallambulanzen vermittelt. Schließlich wird das Online-Angebot zu den Terminservicestellen verbessert, damit Termine nicht nur telefonisch, sondern auch online oder per App vereinbart werden können. Die Ärzte müssen ihre Sprechstunden auf mindestens 25 Stunden pro Woche erweitern, wobei Hausbesuchszeiten angerechnet werden. Um die ärztliche Versorgung in ländlichen Regionen sicherzustellen, wird die Kassenärztliche Vereinigung darüber hinaus verpflichtet, eigene Praxen oder mobile Versorgungsalternativen einzurichten. Die Krankenkassen wiederum werden ihren Versicherten spätestens ab 2021 eine elektronische Patientenakte zur Verfügung stellen. Der Zugriff auf medizinische Daten der elektronischen Patientenakte wird mittels Smartphone oder Tablet möglich sein. Der Festzuschuss für Zahnersatz wird ab dem Jahr 2021 von 50 % auf 60 % erhöht.

Der Bundesrat begrüßt die Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten, wenngleich er bei der Vielzahl an Regelungsinhalten des Gesetzentwurfs auch Kritik an einzelnen Regelungen geübt hat. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme in weiten Teilen unterstützt.

Die Bundesregierung schlägt mit dem sogenannten Energiesammelgesetz zahlreiche Änderungen in Gesetzen und Verordnungen vor, so im EEG, KWK-Gesetz, Energiewirtschaftsgesetz und weiteren energierechtlichen Vorschriften, damit die Energiewende erfolgreich sein kann. Mit diesem Gesetzentwurf hat sich der Bundesrat im ersten Durchgang beschäftigt und zu diesem Stellung genommen.

Im Einzelnen beinhaltet das Gesetz Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft mit jeweils vier Gigawatt, die bis 2021 gestreckt werden sollen. Daneben sollen durch Innovationsausschreibungen neue Preisgestaltungsmechanismen und Ausschreibungsverfahren erprobt werden, die zu mehr Wettbewerb und mehr Netz- und Systemdienlichkeit führen. Angepasst wird auch die Förderung zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die die Bundesregierung aufgrund des EU-Beihilferechts für notwendig erachtet. Auch die gesetzlich bestimmte Vergü-tung für größere Solaranlagen wird wegen einer bestehenden Überförderung aus beihilferechtlichen Gründen abgesenkt.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf umfangreich Stellung genommen. Schwerpunkte waren Korrekturwünsche der Länder, die dem Beschluss des Bundesrates vom 18.10.2018 (BR-Drs. 402/18) entsprechen. Dieser sieht vor, dass die »urbanen Zentren in die Energiewende einbezogen« werden sollen. So fordert der Bundesrat in seiner Stellungnahme Änderungen im Gesetzentwurf, um die Wirtschaftlichkeit von KWK und Mieterstrom sicherzustellen.

Für den Freistaat Sachsen ist von herausragender Bedeutung, dass die Energiewende für Bürger und Wirtschaft bezahlbar bleibt. Stabile Netze und Versorgungssicherheit müssen garantiert sein.

Der Bundesrat hat zu einem Vorschlag der Europäischen Kommission, die verbindliche Zeitumstellung für die Mitgliedsstaaten abzuschaffen, Stellung genommen. Die Mitgliedsstaaten sollen über ihre jeweilige Standardzeit dahingehend selbst entscheiden können, ob sie ihre aktuelle Standardzeit oder die Sommerzeit auf Dauer festlegen wollen.

Der Bundesrat warnt in seiner Stellungnahme vor der Entstehung isolierter Zeitzonen in Europa. Dies könnte insbesondere für Berufspendler und den internationalen Handel negative Auswirkungen haben. Auch fordert der Bundesrat vor diesem Hintergrund die Bundesregierung auf, sich bei der Entscheidung über eine Standartzeit eng mit den Nachbarländern abzustimmen. Sachsen hat die Stellungnahme des Bundesrates weitgehend unterstützt.

Seit 2001 sind die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, zwei Mal im Jahr die Uhr umzustellen. Diese Regelung erfuhr in jüngster Zeit Kritik. Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation durchgeführt, woraufhin 4,6 Millionen Antworten eingingen. 84 % der Teilnehmer sprachen sich für die Abschaffung der Zeitumstellung aus.

Ursprünglich sollte durch die Zeitumstellung Energie eingespart werden. Die Einsparungen fallen jedoch nur gering aus. Jüngst haben auch viele Staaten außerhalb der EU beschlossen, eine entsprechende Regelung abzuschaffen (etwa China, Russland, Türkei).

Der Bundesrat hat Prof. Dr. Stephan Harbarth zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Zuvor hatte ihn der Bundestag am 22. November zum Richter des Bundesverfassungsgerichtes gewählt. Er soll Nachfolger von Ferdinand Kirchof werden, dessen Amtszeit Ende Juni 2018 endete.

Harbarth ist seit 2009 Mitglied des Bundestages und stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion. Nach Artikel 94 des Grundgesetzes werden die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Die Vizepräsidentenwahl erfolgt nach § 9 Bundesverfassungsgerichtsgesetz.

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