17.05.2019

977. Bundesratssitzung vom 17. Mai 2019

Wichtigste Themen: e-ID für Unionsbürger + Konversionstherapien Homosexuelle + Datenschutz + Gaffer + Batteriezellenfabriken + Asylbewerberleistungsgesetz + Staatsbürgerschaft IS-Kämpfer + Ausreisepflicht + Aachener Vertrag + Zulassung von E-Rollern

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie in Kürze das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 977. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat zum Gesetz zur Einführung eines elektronischen Identitätsnachweises für Unionsbürger den Vermittlungsausschuss nicht angerufen. In den Ausschussberatungen hatte der Innenausschuss dem Bundesrat empfohlen, zum Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen. Grund war aus Sicht der Länder das zu frühe Inkrafttreten des Gesetzes, welches eine technische und rechtliche Umsetzung unmöglich gemacht hätte. Die Bundesregierung hat daraufhin verbindlich zugesagt, dass die Inkrafttretensregelung um ein Jahr, auf den 1. November 2020, verschoben wird.

Das Gesetz zielt darauf, EU-Bürgern und Angehörigen eines Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums einen verbesserten Zugang zu deutschen digitalen Verwaltungsleistungen zu ermöglichen. EU-Bürger sollen sich künftig mit einer elektronischen Chipkarte registrieren lassen können, um im Kontakt mit deutschen Behörden einfach und sicher ihre Identität zu übermitteln. Vorbild ist die Online-Ausweisfunktion des deutschen Personalausweises. Die sogenannte e-ID-Karte kann auf Wunsch europaweit und im europäischen Wirtschaftsraum beantragt werden. Die e-ID-Karte ist eine einfache Chipkarte, auf der die wichtigsten Identifizierungsmerkmale einer Person wie etwa Name und Adresse gespeichert sind. Die Online-Ausweisfunktion soll eine einfache und sichere Identifizierung im Internet ermöglichen: Hierfür legt man den Chip auf ein Lesegerät, zum Beispiel ein Smartphone, und gibt die zugehörige PIN ein. Auf diese Weise erfolgt eine zuverlässige Identifizierung, um beispielsweise online ein Führungszeugnis zu beantragen oder die Steuererklärung abzugeben.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung verabschiedet in der er ein Verbot von sogenannten »Konversionstherapien« fordert, mit denen Homosexuelle zur Heterosexualität gebracht werden sollen.

Homosexualität ist keine Krankheit und deshalb auch nicht behandlungsbedürftig. Der Bundesrat betrachtet aber mit Sorge, dass auch in Deutschland nach wie vor sogenannte »Konversionstherapien« zur angeblichen »Heilung« bzw. »Umpolung« insbesondere homosexueller Personen angeboten werden. Angebote, die darauf abzielen, die sexuelle Identität homo- und bisexueller Personen sowie die geschlechtliche Identität trans- und intersexueller Personen zu verändern, können jedoch schwerwiegende psychische Erkrankungen zur Folge haben.

»Konversionstherapien« und vor allem ihre öffentliche Bewerbung könnten zudem die Stigmatisierung und Diskriminierung homosexueller und bisexueller Personen verstärken und damit gesellschaftlicher Akzeptanz entgegenwirken. Eine besondere Verantwortung sieht der Bundesrat in dem Zusammenhang gegenüber Minderjährigen in der freien Entfaltung und Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Insofern hat der Bundesrat die Bundesregierung mit der vorliegenden Entschließung gebeten, dafür Sorge zu tragen, u. a.

  • Regelungen in Bezug auf medizinische Vergütungsleistungen dahingehend zu ändern, dass solche für »Konversionstherapien« ausgeschlossen und geeignete Regelungen getroffen werden, die mit Konsequenzen für die Ausübung der jeweiligen Berufe, wie beispielsweise als Arzt oder Heilpraktiker verbunden wären, wenn »Konversionstherapien« von diesen angeboten würden und
  • die Durchführung oder Bewerbung von solchen Therapien mit dem Entzug von öffentlichen Geldern oder sonstigen Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand für anbietende Organisationen zu ahnden.

Der Freistaat Sachsen hätte einen Entschließungsantrag zur Änderung datenschutzrechtlicher Bestimmungen unterstützt, der das Ziel verfolgte, die mittelständische Wirtschaft und ehrenamtlich Tätige in Vereinen zu entlasten. Aufgrund einer sich abzeichnenden fehlenden Mehrheit für die Vorlage, wurde sie von der Tagesordnung abgesetzt.

Die Entschließung verweist darauf, dass die Betroffenen durch die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung in nationalstaatliches Recht und durch darüberhinausgehende Datenschutzregelungen stärker belastet werden als vergleichbar Betroffene in anderen Mitgliedstaaten der EU.

Dazu gehören u.a. zusätzliche Bürokratiekosten durch den Datenschutzbeauftragten, den Unternehmen bereits dann vorhalten müssen, wenn zehn Personen mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Diese Mindestzahl solle die Bundesregierung deutlich anheben. Die gleiche Problematik bestehe auch bei eingetragenen Vereinen, die überwiegend mit Ehrenamtlichen arbeiten. Auch für sie müsse es Ausnahmen geben. Gefordert wurde zudem eine gesetzliche Klarstellung, dass kleine und mittelständische Unternehmen bei geringfügigen Verstößen gegen die DSGVO nicht abgemahnt werden können. Nach wie vor bestehe insoweit eine weit verbreitete Unsicherheit.

Der Bundesrat fordert mit der Unterstützung Sachsens die Bestrafung von Menschen, die tödlich verunglückte Opfer durch Bildaufnahmen oder Videos bloßstellen. Bereits 2016 hatte der Bundesrat mit den Stimmen des Freistaates hierzu einen Gesetzentwurf beschlossen. Der Bundestag hatte das Anliegen bis zum Ende der letzten Legislaturperiode nicht aufgegriffen. Deshalb hatte der Bundesrat im März 2018 erneut einen Beschluss gefasst, den der Bundestag bisher nicht aufgegriffen hatte.

Mit der Entschließung wird der Bundestag nun ausdrücklich aufgefordert, sich unverzüglich mit dem Gesetzentwurf zu befassen und die bestehende Strafbarkeitslücke zu schließen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Personen bestraft werden, die bei Unglücksfällen bloßstellende Aufnahmen von Verstorbenen anfertigen. Vom Schutzzweck des § 201 a StGB sind bis jetzt lediglich lebende Personen umfasst. Diese Schutzlücke soll durch den Gesetzentwurf geschlossen werden.

Der Bundesrat hat sich bereits 2016 mit Unterstützung Sachsens für die strafrechtliche Sanktionierung des Verhaltens von sog. »Katastrophentouristen« und sonstigen Schaulustigen ausgesprochen. In der Vergangenheit waren vermehrt Personen aufgefallen, die bei schweren Unfällen die verunglückten Personen mit ihren Mobiltelefonen fotografierten und filmten. In Einzelfällen waren dabei auch die Rettungs- und Aufräumarbeiten behindert worden. Nach der Gesetzesänderung von 2017 können Personen nunmehr bestraft werden, die Rettungskräfte beim Hilfeleisten behindern.

Der Bundesrat hat sich mit Unterstützung des Freistaates Sachsen in einer Entschließung für die Ansiedlung von großskaligen Batterie- und Batteriezellproduktionsstätten ausgesprochen. Diese sollen dazu führen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie erhalten und ausgebaut werden kann.

Eine heimische Batteriezellfertigung und -forschung könne wesentliches Know-how für die Wertschöpfungskette liefern. Es wird andernfalls die Gefahr gesehen, dass deutsche Hersteller, Zulieferer und Energieunternehmen auf einem zentralen Zukunftsfeld den Anschluss verlieren.

Nach Auffassung des Bundesrates sind hierfür erhebliche Anreize nötig. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich gegenüber der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, dass das europäische Beihilferecht den notwendigen Rahmen bildet. Darüber hinaus möge die Bundesregierung prüfen, ob eine vollständige oder dauerhafte Befreiung von der EEG-Umlage beim Einsatz erneuerbarer Energien die Wirtschaftlichkeit der Batterie- und Batteriezellproduktion fördern kann.

Der Abschlussbericht der Kommission »Strukturwandel, Wachstum und Beschäftigung« sieht die Ansiedlung deiner Batteriezellproduktion der nächsten Generation im Lausitzer Revier vor.

Der Bundesrat hat zum Asylbewerberleistungsgesetz Stellung genommen.

Mit der geplanten Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes werden die Grundleistungen auf Basis der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2013 und des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe verfassungsrechtlichen Vorgaben folgend neu berechnet. Für die Unterbringung in Sammelunterkünften wird dabei eine neue Bedarfsstufe eingeführt. Die Anteile für Strom und Instandhaltungskosten werden aus den Bedarfssätzen für den notwendigen Bedarf ausgegliedert, weil diese Kosten von den Leistungsbehörden als Sachleistungen erbracht werden. Zwar wird beispielsweise das Taschengeld für eine alleinstehende Person erhöht, gleichzeitig aber sinkt der Gesamtleistungsbetrag dieser Bedarfsstufe um zehn Euro von 354 Euro auf 344 Euro pro Monat und liegt damit deutlich unter den Regelsätzen im SGB II.

Darüber hinaus ist geplant, den Lebensunterhalt von Asylbewerbern, Geduldeten und Menschen mit Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren, besser abzusichern. Hierzu soll die sogenannte Förderlücke geschlossen werden, die nach einem 15-monatigem Aufenthalt entsteht, sobald Betroffene in das System der Sozialhilfe wechseln und ab dann keinen Zugang zu BAföG-Leistungen oder zur Berufsausbildungsbeihilfe mehr haben. Der bisherige Leistungsausschluss wird künftig nicht mehr angewendet. Er führt dazu, dass Geflüchtete häufig ihre Ausbildung abbrechen oder diese gar nicht erst beginnen.

Sachsen unterstützt den Gesetzentwurf der Bundesregierung, sieht aber vereinzelt Änderungsbedarf. Der Bundesrat hat für die weitere Beratung im Bundestag im ersten Durchgang eine Stellungnahme der Länder beschlossen. Der Freistaat Sachsen hat diese Stellungnahme in weiten Teilen nicht unterstützt.

Der Bundesrat hat sich erstmals mit dem von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts befasst.

Ziel des Gesetzentwurfes ist es, dass künftig volljährige Deutsche, die eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen (Doppelpass), die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes verlieren, wenn sie sich an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland beteiligt haben. Durch die Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland würden sie zum Ausdruck bringen, dass sie sich von der Bundesrepublik Deutschland und ihren grundlegenden Werten abgewendet und sich einer anderen ausländischen Macht zugewandt haben. Mit dem Terminus „Terrormiliz“ wird ein paramilitärisch organisierter bewaffneter Verband umschrieben.

Bislang ist ein entsprechender Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit in § 28 StAG nur für den Dienst in einer ausländischen Armee vorgesehen, wenn das Bundesministerium der Verteidigung diesem Dienst nicht zuvor zugestimmt hat.

Der Bundesrat hat zu dem Gesetzentwurf keine Einwendungen erhoben.

Der Bundesrat hat sich erstmals mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht befasst und eine Stellungnahme beschlossen. Der Freistaat hat diese Stellungnahme nur in einzelnen Punkten unterstützt.

Mit dem Gesetzentwurf soll eine effektivere Durchsetzung der Ausreisepflicht erreicht werden. Hierzu sollen Verschärfungen bereits bestehender Regelungen erfolgen und eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen werden. So werden bspw. die Voraussetzungen für die Abschiebehaft ausgeweitet. Die Anforderungen an den Ausreisegewahrsam werden abgesenkt. Neu eingeführt wird die Mitwirkungshaft: Hierüber könnten Menschen für 14 Tage in Haft genommen werden, wenn sie einer Anordnung für einen Termin an der Botschaft des vermutlichen Herkunftsstaates oder einer ärztlichen Untersuchung der Reisefähigkeit nicht nachgekommen sind.

Ferner soll die die Ausweisung straffälliger Asylbewerber erleichtert werden. Hierfür wird der Strafrahmen bei Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte auf ein Jahr abgesenkt. Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse soll künftig auch bei Verurteilungen wegen Sozialleistungsbetrugs und bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz bestehen. Hier wird der Strafrahmen auf sechs Monate abgesenkt.

Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass künftig ausreisepflichtige Ausländer für die Abschiebehaft – befristet bis 2022 – auch in regulären Justizvollzugsanstalten untergebracht werden können statt wie bisher ausschließlich in gesonderten Abschiebehafteinrichtungen. Auf diese Weise möchte die Bundesregierung die Zahl der Haftplätze von aktuell 487 nahezu verdoppeln.

Neu eingeführt werden soll zudem ein Duldungsstatus für Personen mit ungeklärter Identität. Dieser Titel soll immer dann erteilt werden, wenn es eine ausreisepflichtige Person selbst zu verantworten hat, dass sie nicht abgeschoben werden kann, beispielsweise aufgrund eines fehlenden Passes. An den Duldungsstatus sind eine Wohnsitzauflage und ein Beschäftigungsverbot geknüpft.

Für die sogenannte Dublin-Fälle ist vorgesehen, dass Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land anerkannt wurden und dann nach Deutschland kommen, künftig keine Sozial-, sondern nur noch Überbrückungsleistungen erhalten sollen. Auch Asylbewerber, die im Asylverfahren gegen ihre allgemeinen Mitwirkungspflichten verstoßen oder eigene Finanzmittel verschweigen, sollen nur noch eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.

Darüber hinaus stuft der Gesetzentwurf Informationen zum konkreten Ablauf einer Abschiebung strafrechtlich als Geheimnis ein. Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst Verpflichtete können sich demnach strafbar machen, wenn sie diese Informationen verbreiten. Wegen Anstiftung oder Beihilfe zu der Tat könnten dann auch Flüchtlingshelfer oder Mitarbeiter von Beratungsstellen belangt werden.

Der Bundesrat hat zum Ratifizierungsgesetz des Aachener Vertrages Stellung genommen, den Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Emmanuel Macron am 22. Januar 2019 unterzeichnet haben. Der Freistaat Sachsen hat große Teile der Stellungnahme des Bundesrates unterstützt.

56 Jahre nach der Unterzeichnung des Elysée Vertrages werden im Aachener Vertrag deutsch-französischen Beziehungen erneuert und modernisiert: Insgesamt 28 Artikel umfasst der neue Freundschaftsvertrag. Er beschreibt, wie die Partnerschaft Deutschlands und Frankreichs intensiviert werden soll. Einen der Schwerpunkte bildet die regionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Hierüber sollen Eurodistrikte entstehen, die die Umsetzung grenzüberschreitender Vorhaben erleichtern. Gegebenenfalls können sie sogar eigene grenzüberschreitende Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen. Außerdem soll es einen gemeinsamen Ausschuss für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geben, der die Schwierigkeiten der Grenzregionen ermittelt und Lösungsstrategien aufzeigt. Auch das Thema Sprache ist von Bedeutung: Beide Staaten verpflichten sich in Grenzregionen zur Zweisprachigkeit.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Schaffung eines deutsch-französischen Wirtschaftsraums mit gemeinsamen Regeln. Ein deutsch-französischer Rat der Wirtschaftsexperten soll den beiden Regierungen wirtschaftspolitische Empfehlungen unterbreiten. Dieser Rat setzt sich aus zehn unabhängigen Fachleuten zusammen. Im Bereich Kultur und Mobilität verpflichten sich beide Staaten, die gegenseitige Anerkennung von Schulabschlüssen zu fördern und integrierte deutsch-französische Studiengänge zu schaffen. Bildungs- und Forschungssysteme sollen miteinander vernetzt werden. Über einen gemeinsamen Bürgerfonds möchten beide Länder Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften fördern. Ein weiterer Aspekt ist die militärische Zusammenarbeit. Hier soll es den deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat geben, der die gegenseitigen Verpflichtungen wie gemeinsame Verteidigungsprogramme politisch steuert.

Der Bundesrat hat den Aachener Vertrag als einen Meilenstein der deutsch-französischen Partnerschaft und als beherztes Bekenntnis zu einem starken, zukunftsfähigen und souveränen Europa begrüßt. Den Ländern kommt bei der Umsetzung des Vertrages eine besondere Verantwortung zu, da viele Aspekte des Vertrages in ihre Zuständigkeit fallen.

Am 03. April hatte das Bundeskabinett die Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr beschlossen und diese dem Bundesrat mit der Bitte um Zustimmung zugeleitet. Auf europäischer Ebene gilt seit Januar 2016 die neue Typgenehmigungsverordnung (EU) Nr. 168/2013 für zwei- oder dreirädrige und vierrädrige Fahrzeuge. Diese schließt selbstbalancierende Fahrzeuge (z.B. Segways) und Fahrzeuge ohne Sitz (E-Roller) ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich aus. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Elektrokleinstfahrzeugen soll die durch die EU-Verordnung entstandene Lücke national geschlossen werden.

Die Verordnung der Bundesregierung wurde in der Öffentlichkeit und zwischen Experten kontrovers diskutiert. Hauptkritikpunkt war, dass die Verordnung vorsieht, Elektrokleinstfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h bis weniger als 12 km/h auch auf Fußwegen fahren zu lassen. Zudem soll diese Kategorie bereits mit der Vollendung des 12 Lebensjahres gefahren werden dürfen. Hier werden von Fachleuten und auch vom Bundesrat erhebliche Gefahren für Fußgänger geltend gemacht. Dementsprechend hat der Bundesrat diese Regelung abgelehnt. Die Bundesregierung hat bereits signalisiert, diese Änderung des Bundesrates bei der Verkündung nachzuvollziehen.

Im Weiteren umfasst die Verordnung Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 12 km/h und weniger als 20 km/h. Diese dürfen ab Vollendung des 14. Lebensjahres gefahren werden und müssen grundsätzlich auf Radverkehrsflächen (Radwegen) genutzt werden. Auch hier sahen mehrere Länder im Bundesrat Änderungsbedarf und wollten das Mindestalter auf 15 Jahre hochsetzen. Der Freistaat Sachsen hat sich gemeinsam mit anderen Ländern erfolgreich für die ursprüngliche Regelung ab 14 Jahren eingesetzt. Für den Freistaat Sachsen war es wichtig, eine gute Balance zwischen Verkehrssicherheit und möglichst großer Bewegungsfreiheit für diese neue Form der Mobilität zu finden.

Die Verordnung schreibt zudem technische Mindestanforderungen und Leistungsbegrenzungen vor. Zum verpflichtenden Versicherungsnachweis wurde eigens eine aufklebbare Versicherungsplakette zur Anbringung an E-Scootern konzipiert. Eine Zulassungspflicht besteht jedoch nicht. Eine Helmpflicht besteht bei Benutzung dieser Fahrzeuge nicht. Das Tragen eines geeigneten Helmes wird jedoch vom Gesetzgeber empfohlen.

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