13.03.2020

986. Bundesratssitzung vom 13. März 2020

Wichtigste Themen: Kohleausstieg + Strukturwandel + Hasskriminalität + Konjunkturmaßnahmen Coronavirus + Afrikanische Schweinepest + Meister-BAföG + Kassenwettbewerb + Mietpreisbremse + Green Deal + Begleitung Kinder zu Reha-Maßnahmen + Arzneimittelversorgung + Pfandpflicht

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 986. Sitzung des Bundesrates.

Die Länder haben im Bundesrat zum vom Bundeskabinett vorgelegten Kohleausstiegsgesetz umfangreich Stellung genommen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bis 2038 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz geht. Steinkohlekraftwerke sollen bis 2026 über Ausschreibungsverfahren stillgelegt werden. Je früher die einzelnen Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden, desto höher soll die Entschädigung der Betreiber ausfallen. Das Abschalten der jeweiligen Braunkohlekraftwerke erfolgt zu konkreten Zeitpunkten über vertragliche Vereinbarungen mit den Betreibern. Beschäftige im Tagebau oder in einem Kohlekraftwerk erhalten ein Anpassungsgeld, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren und mindestens 58 Jahre alt sind. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf eine Verlängerung und Weiterentwicklung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vor. Kraftwerksbetreiber sollen Anreize bekommen, von Kohle auf flexible und klimafreundlichere Stromerzeugung umzurüsten. Hierfür wird der Kohleersatzbonus für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Kohlebasis umgestaltet und erhöht. Ebenfalls geregelt werden Kompensationen für den kohleausstiegsbedingten Anstieg des Strompreises. Damit die dauerhafte und möglichst kostengünstige Energieversorgung sichergestellt bleibt, müssen die Auswirkungen des Kohleausstiegs laut dem Gesetzentwurf regelmäßig überprüft werden.

Der Freistaat Sachsen hat eigene Anträge gestellt, die in den Ausschüssen des Bundesrates erfolgreich waren. Hierbei sind für den Freistaat folgende Punkte von hervorgehobener Bedeutung:

Entschädigungen für Kraftwerks- und Tagebaustilllegungen auch nach 2030: Das Kriterium für Entschädigungen darf nicht der Zeitpunkt der Stilllegung sein, sondern das Alter der Anlage zum betreffenden Stilllegungszeitpunkt. Insbesondere in Ostdeutschland sind die Anlagen, die in den 2030er Jahren stillgelegt werden, zum Stilllegungszeitpunkt jünger als die, die in den 2020er Jahren stillgelegt werden.

Gleiche Bedingungen bei Abschaltdaten und Entschädigungen bei Vertrags- und Verordnungsszenario: Das Gesetz enthält die Regelung, dass die Bundesregierung im Falle einer nicht einvernehmlichen Einigung mit den Kraftwerksbetreibern zu den Stilllegungszeitpunkten und den entsprechenden Entschädigungssummen in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag die jeweiligen Rahmenbedingungen auch einseitig per Rechtsverordnung erlassen kann. Der Freistaat fordert, dass auch für diesen Fall die gleichen klaren Bedingungen gelten, wie bei einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Nur so wird ein rechtssicherer und für die Beschäftigten sozialverträglicher Kohleausstieg möglich.

Ein einvernehmlicher Kriterienkatalog zur Überprüfung des Stilllegungspfades: Nur so wird es möglich, dass einerseits der von der KWSB skizzierte Ausstiegspfad eingehalten und andererseits jederzeit die Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Strompreisen gewährleistet ist. Gegenstand der Überprüfungen müssen unbedingt auch die von der KWSB genannten Kriterien Beschäftigung, Strukturentwicklung und regionale Wertschöpfung sein. Nur so ist wird sichergestellt, dass der Grundkonsens »erst neue Arbeitsplätze, dann Kohleausstieg« auch praktisch zum Tragen kommt.

Verlässliche Rahmenbedingungen für die Restlaufzeiten: Der festgelegte Stilllegungspfad darf nicht durch andere Maßnahmen im Bereich der Rahmenbedingungen für die Kraftwerke oder Tagebaue (neue Emissionsvorschriften etc.) gefährdet werden.

Sichere Rahmenbedingungen für die Beschäftigten: Sachsen möchte eine Flexibilisierung der Anpassungsgeldregelungen. Dieses soll nicht nur auf die Mitarbeiter in den Kraftwerken und Tagebauen begrenzt sein. Für jüngere Mitarbeiter muss die Möglichkeit zu Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen gegeben sein.

Für den Freistaat Sachsen ist es essentiell, einen Strukturbruch wie in den 90er Jahren zu verhindern. Hierzu gehört auch eine angemessene Entschädigung der Tagebaubetreiber, damit diese ihren Rekultivierungsverpflichtungen vollständig nachkommen können und die Bergbaufolgekosten nicht die Länderhaushalte belasten. Hier liegt auch ein maßgeblicher Unterschied zu der Entschädigung der Betreiber von Steinkohlekraftwerken. Bei diesen fallen die Rekultivierungspflichten für Tagebaue nicht an, weil in Deutschland keine Steinkohle mehr abgebaut wird. Weiterhin sind auskömmliche Entschädigungen auch erforderlich, um den Unternehmen und ihren Beschäftigten den Umstieg auf ein post-fossiles Geschäftsmodell zu ermöglichen.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens zum Vorschlag der EU zur Errichtung des »Fonds für einen gerechten Übergang« umfangreich Stellung genommen.

Hintergrund des Vorschlages ist der europäische »Grüne Deal«. Wesentliches Element des »Green Deal« ist der sogenannte »Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa«. Durch diesen sollen EU-Mittel bereitgestellt und private Mittel mobilisiert werden. Das Gesamtvolumen soll bei bis zu 1 Billion EUR in den kommenden zehn Jahren liegen. Zentrales Element des Investitionsplans ist der »Mechanismus für einen gerechten Übergang«. Dieser soll sicherstellen, dass der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft fair verläuft und niemand zurückgelassen wird.

Der Mechanismus bietet Unterstützung in den am stärksten betroffenen Regionen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Übergangs abzufedern. Mit dem Mechanismus sollen insbesondere notwendige Investitionen ermöglicht werden, um Gebietskörperschaften und Arbeitnehmern zu helfen, die von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen abhängig sind. Mithilfe einer Plattform für einen gerechten Übergang will die Kommission die Mitgliedstaaten und Investoren technisch unterstützen und dafür sorgen, dass betroffene Körperschaften, lokale Behörden, Sozialpartner und Nichtregierungsorganisationen mit einbezogen werden.

Die Mittelzuweisung für den jeweiligen Mitgliedstaat richtet sich wesentlich nach Indikatoren wie Treibhausgasemissionen von Industrieanlagen, Arbeitsplätzen im Stein- und Braunkohlebergbau sowie Beschäftigung in der Industrie in betroffenen Regionen. Kein Mitgliedstaat darf dabei mehr als 2 Mrd. EUR erhalten. Bei den Interventionsgebieten muss es sich um Gebiete handeln, die von den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Übergangs am stärksten betroffen sind, insbesondere im Hinblick auf den erwarteten Verlust von Arbeitsplätzen und die Umstellung der Produktionsprozesse von Industrieanlagen mit der höchsten Treibhausgasintensität.

Der Freistaat weist gemeinsam mit anderen Ländern in einer Stellungnahme darauf hin, dass Ostdeutschland im Zeitraum von 1990 bis 2016 rund 40 Prozent der gesamtdeutschen CO2-Reduzierung (123 Mio. t) erreicht hat. Vor diesem Hintergrund wird das Anliegen geteilt, verstärkt die Gebiete zu unterstützen, die am stärksten von den wirtschaftlichen und sozialen Begleiterscheinungen des Übergangs betroffen sein werden. Infolge des beschlossenen Kohleausstiegs sind dies in Deutschland insbesondere die Kohleregionen wie die ostdeutschen Braunkohlereviere. Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, dass die Finanzierung des Fonds für einen gerechten Übergang nicht zu Lasten anderer bewährter Instrumente der EU-Förderung – insbesondere der EU-Strukturfonds – gehen darf.

Der Bundesrat hat sich fristverkürzt im ersten Durchgang mit dem so genannten »Arbeit-von-morgen-Gesetz« befasst und zum Gesetz Stellung genommen. Darüber hinaus wurde ein Gesetz mit kurzfristigen Regelungen zum Kurzarbeitergeld beschlossen, dass in Verbindung mit der Ausbreitung des Corona-Virus in Deutschland steht und das der Bundestag nur wenige Stunden vorher beschlossen hatte.

Mit dem Arbeit-von-morgen-Gesetz soll die Bundesagentur für Arbeit (BA) in die Lage versetzt werden, Beschäftigte bei beruflicher Weiterbildung und Qualifizierung besser fördern zu können. Dies gilt insbesondere für Branchen, die vom Strukturwandel betroffen sind. Demnach sollen Anträge für Beschäftigte und Betriebe einfacher werden und die Bewilligung soll schneller kommen. Die Zuschüsse der BA zu Lehrgangskosten und Arbeitsentgelt sollen um jeweils 10 Prozent angehoben werden, wenn mindestens jeder fünfte Beschäftigte eines Betriebes Weiterbildung braucht. Gibt es eine Betriebsvereinbarung zur beruflichen Weiterbildung oder einen entsprechenden Tarifvertrag, sollen zusätzliche fünf Prozent Förderung möglich sein. Darüber hinaus wird das Kurzarbeitergeld auf bis zu 24 Monate verlängert, für den Fall, dass durch eine anhaltende Konjunkturdelle Unternehmen in Schieflage geraten und wenn während dieser Zeit berufliche Weiterbildung stattfindet. Bislang wurde das Kurzarbeitergeld in der Regel nur bis zu 12 Monate gezahlt.

Soforthilfen im Schnellverfahren

Ebenfalls wurde durch den Bundesrat das Gesetz zur krisenbedingten Verbesserung beim Kurzarbeitergeld gebilligt, das der Bundestag nur wenige Stunden zuvor verabschiedet hatte. Es ermöglicht der Bundesregierung, Betriebe während der Corona-Krise kurzfristig zu unterstützen. Da zurzeit nicht absehbar ist, in welchem Umfang der Corona-Virus Unternehmen in Deutschland treffen wird und welche Auswirkungen das auf Beschäftigung und den Arbeitsmarkt haben kann, hat sich die Bundesregierung im Koalitionsausschuss vom 8. März 2020 auf Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen geeignet. Diese werden mit dem Gesetz umgesetzt. Dazu gehört befristet bis Ende 2020:

  • Ein Absenken des Quorums der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfallbetroffen sein müssen, auf bis zu 10 %. Diese Schwelle liegt bisher bei 30 % der Belegschaft.
  • Ein teilweise oder vollständiger Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden. Das derzeitige Recht fordert bisher solche Maßnahmen, um Kurzarbeitergeld ggf. zu vermeiden.
  • Die Ermöglichung des Kurzarbeitergeldbezugs auch für Leiharbeitnehmer.
  • Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, Zeiten der Kurzarbeit stärker für die Weiterbildung der Beschäftigten zu nutzen.

Das Gesetzgebungsverfahren war ungewöhnlich kurz: der Koalitionsausschuss beschloss die Maßnahmen am 8. März 2020, das Bundeskabinett am 10. März. Nur drei Tage später – am 13. März – verabschiedete der Bundestag den Entwurf der Koalitionsfraktionen in 1., 2. und 3. Lesung und leitete den Beschluss unmittelbar dem Bundesrat zu. Dieser billigte ihn noch am gleichen Tag.

Der Freistaat hat mit einer Mehrheit der Länder im Bundesrat eine Initiative zur besseren Verfolgung strafbarer Inhalte in sozialen Netzwerken unterstützt. Ziel des Antrags ist die Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet. Der Freistaat Sachsen war der Initiative beigetreten.

Die Entschließung der Länder sieht vor, die Bundesregierung zu bitten, das Marktortprinzip einzuführen. Das Marktortprinzip verpflichtet ausländische Telemediendienstanbieter dazu, sich nicht nur dem Recht im jeweiligen Land des Sitzes zu unterwerfen, sondern auch den Gesetzen jener Länder, in denen die Leistungen angeboten werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Anbieter von Telemediendiensten wie etwa Facebook sich bei der Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber Strafverfolgungsbehörden darauf berufen, die abgefragten Daten seien im Ausland gespeichert. Es soll die Durchsetzung von Auskunftsersuchen erleichtern und so die Verfolgung von Straftaten deutlich beschleunigen.

Außerdem soll die Bundesregierung gebeten werden, sich auf europäischer Ebene für eine schnelle und zugleich grundrechts- und datenschutzsichernde Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Zugangs zu elektronischen Beweismitteln in Strafsachen einzusetzen. Dabei soll darauf hingewirkt werden, den Herausforderungen bei der Bekämpfung der Hasskriminalität im Internet im besonderen Maße Rechnung zu tragen.

Nunmehr liegt es an der Bundesregierung, sich zu der Entschließung zu äußern. Der Bundesgesetzgeber hat bereits einen Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität erarbeitet, der im nächsten Rechtsausschuss im März 2020 behandelt werden soll.

Der Bundesrat hat Änderungen der Viehverkehrsverordnung und sonstiger tierseuchenrechtlicher Verordnungen mit Maßgaben zugestimmt. Der Freistaat Sachsen hat der Verordnung und einem Großteil der Maßgaben zugestimmt.

Neben der Viehverkehrsverordnung (Artikel 1) wird im Wesentlichen die Schweinepest-Verordnung (Artikel 2) geändert. Es handelt sich um Anpassungen an geltendes EU-Recht, um Klarstellungen von Begrifflichkeiten, um redaktionelle Folgeänderungen sowie um Regelungen, die auf Grund von Erfahrungen bei Tierseuchengeschehen geschaffen worden sind. So erfolgt die Festlegung eines Verantwortlichen im Hinblick auf die Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen und Ausrüstungen zum Transport von Schweinen aus Restriktionsgebieten in das Inland (mit Sanktionsmöglichkeiten). Auch die Möglichkeit der Verwendung von Zäunen zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) wurde erweitert.

Den Ländern war bei ihrem Maßgabebeschluss zur Änderungsverordnung vor allem wichtig, den zuständigen Behörden das Recht einzuräumen, das Betreten des Waldes und der offenen Landschaft neben dem Kerngebiet auch im gefährdeten Gebiet zu untersagen. So soll ein Aufscheuchen und Versprengen der Wildschweine und damit eine Ausbreitung der Seuche verhindert werden. Des Weiteren wird die Anordnungsbefugnis der zuständigen Behörde für den Fall des Ausbruchs der ASP erweitert. Für diesen Fall wird die Pflicht zur Reinigung und Desinfektion von Personen und Fahrzeugen auch auf Gerätschaften und Gegenstände, die mit Wildschweinen oder Teilen von Wildschweinen in Berührung kommen erweitert.

Für den Freistaat ist die Bekämpfung der Ausbreitung der ASP ein wichtiges Anliegen. Bereits im Januar hatte der Freistaat begonnen, eine Wildschweinbarriere im Grenzverlauf zum Nachbarland Polen zu errichten.

Weitere Informationen zur Afrikanischen Schweinepest finden Sie hier:

Eine Mehrheit der Länder hat im Bundesrat das sogenannte »Fairer Kassenwettbewerb Gesetz« (GKV-FKG), passieren lassen. Der Freistaat Sachsen hat diese Entscheidung nicht unterstützt.

Das Gesetz beinhaltet eine Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (»Morbi-RSA«) auf der Basis von Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesamt für Soziale Sicherung. Bei krankheitsbezogenen Zuschlägen im Risikostrukturausgleich wird so bspw. künftig das gesamte Krankheitsspektrum berücksichtigt. Bislang waren es nur um die 80 Krankheitsbilder. Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln getroffen (siehe auch die Entschließung des Bundesrates zu Lieferengpässen bei Medikamenten unter TOP 15).

Ursprünglich hatte der Bund beabsichtigt, den Zugang zu bisher regional begrenzten Krankenkassen für alle Versicherten zu öffnen. Damit wären jedoch auch die Aufsichtsrechte über diese Kassen an den Bund gegangen und die föderalen Strukturen im Gesundheitswesen wären geschwächt worden. Daraufhin hatten die Regierungschefinnen und -chefs der Länder in einem Brief an den Bundesgesundheitsminister auf diese möglichen negativen Folgen hingewiesen und eine solche Regelung abgelehnt. Das Bundesgesundheitsministerium nahm daraufhin die beabsichtigte Änderung zurück. Mit dem vom Deutschen Bundestag jetzt beschlossenen GKV-FKG wird aber das Ziel eines einheitlichen Aufsichtshandelns des Bundes durch mehrere andere Maßnahmen erreicht. Dazu gehören beispielsweise die Einführung von neuen Stimmrechten bei den Aufsichtsbehördentagungen mit Vetorechten des Bundes und ein neuer Haftungsverbund zwischen den Krankenkassen. Damit könnte der Fall eintreten, dass die Allgemeinen Ortskrankenkassen für finanzielle Schieflagen in anderen Kassenarten mit aufkommen müssen. Schließlich beinhaltet das Gesetz auch ein umfangreiches Prüfrecht des Bundesamtes für Soziale Sicherung über Versorgungsverträge die die Krankenkassen mit Leistungsanbietern abschließen. Dieses Prüfrecht ist verbunden mit dem Recht, rückwirkend Zuweisungen an die Krankenkassen aus dem »Morbi-RSA« zurückzufordern.

Dem Freistaat Sachsen gehen diese Prüf- und Kontrollrechte des Bundes zu weit. Er sieht dadurch die föderalen Strukturen im Gesundheitswesen geschwächt und befürchtet eine Einengung der Gestaltungskompetenzen vor Ort. Durch den Wegfall des regionalen Bezugs in der Aufsicht ist mit negativen Auswirkungen auf das jeweilige Versorgungsgeschehen in den Ländern zu rechnen, unter anderem weil Modellprojekte vor Ort verhindert oder zumindest erschwert werden können.

Die Länder haben dem Vierten Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsgesetzes (AFBG) im Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz kann somit wie geplant zum 1. August 2020 in Kraft treten.

Das AFBG – allgemein bekannt als »Aufstiegs-BAföG« oder »Meister-BAföG« – ist das Pendant zum BAföG für Studierende, Schüler und Schülerinnen. Nach der kürzlich beschlossenen BAföG-Novelle (26. BAföG-Änderungsgesetz) wird nun auch das »Aufstiegs-BAföG« ausgebaut. Insgesamt stehen in der laufenden Wahlperiode dann zusätzlich 350 Millionen Euro zur Verfügung. Die beschlossenen Leistungserhöhungen sind die umfangreichsten seit Bestehen des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes. Es wurde 1996 unter dem Titel »Meister-BAföG« eingeführt.

Vorgesehen sind höhere Zuschussanteile, höhere Freibeträge und höhere Darlehenserlasse ab dem 1. August 2020. Der Zuschussanteil in der Unterhaltsförderung für Vollzeitgeförderte wird von bisher 50 Prozent zu einem Vollzeitzuschuss ausgebaut. Dies kommt insbesondere Geförderten in sozialen Berufen wie angehenden Erzieherinnen und Erziehern zugute, aber auch allen anderen Vollzeit-Geförderten. Auch die Leistungen für Geförderte mit Familie und Kindern werden verbessert.

Ziel ist eine weitere Stärkung des beruflichen Aufstiegs und beruflicher Qualifizierungswege. Dies wird unter anderem mit einem Förderangebot für die im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO) zu verankernden drei Fortbildungsstufen erreicht. Künftig kann ein Aufstieg Schritt für Schritt über alle drei Stufen bis auf »Master-Niveau« mit dem AFBG gefördert werden. Ziel ist eine verbesserte Gleichwertigkeit von akademischen und beruflichen Bildungswegen.

Der Bundesrat hat mit der Unterstützung Sachsens beschlossen, das vom Deutschen Bundestag am 14. Februar 2020 angenommenen Gesetz zur sogenannten »Mietpreisbremse« passieren zu lassen. Das Gesetz kann somit wie geplant in Kraft treten.

Mit dem Gesetz wird die 2015 beschlossene Mietpreisbremse um weitere fünf Jahre verlängert. Dadurch soll der Mietanstieg auf angespannten Wohnungsmärkten begrenzt und einkommensschwächeren Haushalten die Suche nach bezahlbarem Wohnraum erleichtert werden. Zu diesem Zweck werden die Landesregierungen ermächtigt, bis zum 31. Dezember 2025 Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen, in denen die zulässige Miete bei der Wiedervermietung von Wohnraum auf die ortsübliche Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent begrenzt ist. Spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2025 sollen die Rechtsverordnungen außer Kraft treten.

Das Gesetz beinhaltet zudem einen Anspruch der Mieterinnen und Mieter gegen die Vermieterinnen und Vermieter auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete wegen Überschreitens der zulässigen Miete bei Mietbeginn. Mieterinnen und Mieter sollen die gesamte ab Beginn des Mietverhältnisses zu viel gezahlte Miete zurückfordern können, wenn sie den Verstoß gegen die Mietpreisbremse in den ersten 30 Monaten nach Beginn des Mietverhältnisses rügen.

Sachsen hat sich bereits vor 5 Jahren für die Regelungen zur Mietpreisbremse ausgesprochen. Der sächsische Koalitionsvertrag kündigt an, für Leipzig und Dresden noch im Jahr 2020 die rechtlichen Voraussetzungen zur Einführung einer Mietpreisbremse zu schaffen.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Initiative beschlossen, die die Bundesregierung bittet, Änderungen am Neunten Buch des Sozialgesetzbuches vorzunehmen.

Konkret soll hier gesetzlich festgeschrieben werden, dass im Falle einer Rehabilitationsmaßnahme Haushaltshilfen und Betreuungskosten für Kinder bis zu 15 Jahren übernommen werden. Der Bundesrat möchte, dass insbesondere Alleinerziehende, die auf eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation angewiesen sind, von ihrem Kind bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres in die Reha-Einrichtung begleitet werden dürfen. Die Kosten hierfür sollen vom jeweiligen Träger der Reha-Maßnahme übernommen werden. Bisher sind solche Maßnahmen nur für Kinder bis zu 12 Jahren möglich.

Die Initiative wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die dazu Stellung nimmt.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung verabschiedet, die zukünftige Lieferengpässe bei Medikamenten und Schutzausrüstungen vermeiden soll.

Die Entschließung fordert, die Gründe für Lieferengpässe systematisch auszuwerten, um geeignete Maßnahmen für die Zukunft treffen zu können. Dies betrifft neben Arzneimitteln auch Medizinprodukte (z.B. Mund-Nasenschutz) und Produkte zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Durch die aktuelle Lage bei den Coronavirusinfektionen sieht der Bundesrat auch hier notwendigen Abstimmungsbedarf um Engpässen in der Versorgung wirksam begegnen zu können.

Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die dazu Stellung nimmt.

Der Freistaat Sachsen hat einen Länderantrag zur Ausweitung der Pfandpflicht auf alle Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen im Bundesrat nicht unterstützt.

Der Bundesrat kritisiert in seiner Entschließung, dass bei der Pfanderhebungspflicht noch immer Ausnahmen in Abhängigkeit von den abgefüllten Getränkearten bestehen, so dass die Regelungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin intransparent geblieben sind. In dem Antrag sprechen sich die Länder dafür aus, dass die Erhebung von Einwegpfand auf alle Getränkedosen und alle Einweg-Kunststoffflaschen unabhängig von den darin abgefüllten Getränkearten ausgedehnt wird. Die Einführung einer Pfandpflicht für alle Getränkedosen und Einweg-Kunststoffflaschen solle in dieser Hinsicht Klarheit bringen.

Der Freistaat Sachsen unterstützt das Grundanliegen des Antrages, sieht aber technische Probleme bei der Umsetzung. Hintergrund ist, dass Kunststoffflaschen für verderbliche Lebensmittel wie Saft oder Milch eine sogenannte Sauerstoffbarriere enthalten. Deswegen weisen diese eine abweichende stoffliche Zusammensetzung gegenüber sonstigen Kunststoff-Einwegflaschen auf. Würden diese in Rücknahmeautomaten mit herkömmlichen Kunststoffflaschen vermischt, wäre das daraus entstehende Recyclinggemisch verunreinigt und könnte nicht zur erneuten Herstellung von Lebensmittelverpackungen genutzt werden.
Da Sachsen zum jetzigen Zeitpunkt keine zufriedenstellende technische Lösung für das Problem sieht, hat es sich zur Entschließung enthalten.

Die Länder haben zur Mitteilung der EU-Kommission zum sogenannten »Grünen Deal« Stellung genommen. Die Mitteilung umfasst einen Fahrplan mit den wichtigsten und notwendigen Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der verschärften Klimaziele der EU. Bis März 2020 soll ein erstes »europäisches Klimagesetz« vorgelegt werden, um im Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu sein. Zur Umsetzung dieser Ziele sollen die Mitgliedstaaten bis 2023 ihre nationalen Klimapläne aktualisieren.

Der europäische »Grüne Deal« erstreckt sich auf alle Wirtschaftszweige – Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Gebäude sowie die Stahl-, Zement-, IKT-, Textil- und Chemieindustrie. Es wird aufgezeigt, welche Investitionen erforderlich und welche Finanzinstrumente verfügbar sind, um einen gerechten und inklusiven Übergang gewährleisten zu können.
Zu den angekündigten Maßnahmen zählen u. a. eine neue Industriestrategie, ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, eine Überarbeitung des europäischen Emissionshandels sowie die Abschaffung von Steuervorteilen für fossile Brennstoffe. Auch Verschärfungen bei der Emissionsreduktion für alle Verkehrsträger und der Aufbau einer Versorgungskette für alternative Kraftstoffe sind enthalten.

Breite Zustimmung erhielt ein sächsischer Antrag, in dem die Bundesregierung gebeten wird, dafür Sorge zu tragen, dass bei den Beratungen des Rates zu den angekündigten Maßnahmen zum energie- und ressourcenschonenden Bauen und Renovieren der Grundsatz Berücksichtigung findet, dass eine hohe Klimaschutzwirkung mit niedrigen Bau- und Bewirtschaftungskosten vereinbar sein muss.

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