15.05.2020

989. Bundesratssitzung vom 15. Mai 2020

Wichtigste Themen: Coronapakete II und III + Arbeit-von-morgen-Gesetz + Geologiedaten + Wohngeld + Motorradlärm + Wohneigentum + Netzwerkdurchsetzungsgesetz + Deponieverbot Bauschutt + Beirat Bundesnetzagentur + Wahl Verfassungsrichter

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 989. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, die Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie enthalten. Ministerpräsident Michael Kretschmer hat zu diesen umfangreichen Gesetzespaketen im Bundesrat gesprochen.

Um das Infektionsgeschehen mit dem COVID19-Virus unter Kontrolle zu bringen, hatten der Bund und die Länder tiefgreifende Maßnahmen beschließen müssen. Diese haben in so gut wie allen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Bereichen Auswirkungen. Um die Folgen für die Menschen abzumildern zu können, sind zahlreiche Rechtsänderungen notwendig. Wie schon das Coronapaket I wurden auch jetzt die sogenannten Coronapakete II und III fristverkürzt behandelt, damit die Hilfen und Erleichterungen schnell bei den Menschen ankommen.

Zu den wichtigsten Änderungen gehören u.a. die folgenden Regelungen:

Gesundheitsschutz

Es wird eine dauerhafte Meldepflicht für Erkrankung an und Genesung von COVID-19 eingeführt; auch negative Labortests müssen künftig gemeldet werden. Damit wird die Analyse des jeweils aktuellen Infektionsgeschehens verbessert. Weiterhin wird der öffentliche Gesundheitsdienst und damit v.a. die rund 375 Gesundheitsämter in ganz Deutschland mit rund 50 Mio. EUR durch den Bund finanziell unterstützt. Zudem wird die Fortführung der Ausbildung und Prüfung in Gesundheitsberufen auch in Pandemiezeiten geregelt. Testungen in Bezug auf Covid-19 werden Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem umfasst das Gesetz eine Verpflichtung für Pflegeeinrichtungen, ihre Beschäftigten gestaffelte Sonderleistungen (Pflegebonus) zu zahlen. Die kurze Frist zur Geltendmachung eines Anspruchs nach § 56 Absatz 5 IfSG (Entschädigung bei Arbeitsverboten oder Wegfall der Kinderbetreuungsmöglichkeit) soll von drei auf zwölf Monate verlängert werden. Für den Krankenhausbereich werden über die im COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz vorgesehenen Regelungen hinaus weitere Maßnahmen ergriffen, die die Krankenhäuser unterstützen. Darüber hinaus übernimmt der Bund die Kosten für europäische Intensivpatienten, die in deutschen Krankenhäusern wegen mangelnder Kapazität im Heimatland behandelt werden. Der Freistaat Sachsen hat bei der Verabschiedung des betreffenden Gesetzes einen Plenarantrag unterstützt, der von der Bundesregierung eine Sicherung der Liquidität der Universitätskliniken und anderer Maximalversorger fordert. Diese Maximalversorger leisten einen herausragenden Beitrag bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Um deren deutlich höhere Kosten auszugleichen, sollen die jeweiligen Fallpauschalen in diesen Fällen angehoben werden.   

Sozialschutzpaket II

Unter gewissen Voraussetzungen ist eine befristete Erhöhung des sogenannten Corona-Kurzarbeitergeldes bis zum 31. Dezember 2020 vorgesehen: Ab dem vierten Monat des Bezugs soll es auf 70 bzw. 77 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 bzw. 87 Prozent angehoben werden, wenn die Arbeitszeit um mindestens 50 % reduziert wurde. Ebenfalls wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld I für diejenigen um drei Monate verlängert, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld I zwischen dem 1. Mai und 31. Dezember 2020 enden würde. Nicht zuletzt wird die Möglichkeit der Versorgung von Schülern und Kindern in Tageseinrichtungen mit Mittagessen auch während der pandemiebedingten Schließung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket geschaffen. Zu Erleichterungen in der Sozialgerichtsbarkeit durch Videokonferenztechnik hat Sachsen eine Erklärung zu Protokoll gegeben.

Gutscheinlösung für Veranstalter

Veranstalter von pandemiebedingt ausgefallenen Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstigen Freizeitveranstaltungen werden dazu berechtigt, den Inhabern von vor dem 8. März 2020 erworbenen Eintrittskarten anstelle der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben. Dies gilt ebenfalls für erworbene Nutzungsberechtigungen bei entsprechenden Einrichtungen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie zeitweise schließen mussten. Der Inhaber des Gutscheins kann jedoch die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen, wenn die Annahme des Gutscheins aufgrund persönlicher Lebensverhältnisse unzumutbar ist oder wenn der Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst wird.

Wissenschaftler und Studierende

Es wird eine Verlängerung der Höchstbefristungsgrenzen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Qualifizierungsphase um zunächst sechs Monate vorgesehen. Damit soll sichergestellt werden, dass die betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Qualifizierungsziele im Sinne des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) trotz pandemiebedingter Einschränkungen erreichen können. In einer weiteren Änderung werden im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) die Ausnahmetatbestände zur Nichtanrechnung von Einkünften aus Nebenjobs auf Tätigkeiten in allen systemrelevanten Branchen und Berufen ausgeweitet. Insbesondere Medizinstudierende sollen so ihren Anspruch auf BAföG nicht verlieren, wenn sie im Gesundheitswesen aushelfen.

Elterngeld

Das Bundeselterngeldgesetz wird zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2020 angepasst, um die finanzielle Stabilität von Familien in und nach der COVID-19-Pandemie abzusichern. Ist es Eltern in systemrelevanten Branchen und Berufen wegen der Herausforderungen während der COVID-19-Pandemie nicht möglich, ihre Elterngeldmonate zu nehmen, können sie diese aufschieben. Der Bezug der verschobenen Lebensmonate ist spätestens bis zum 30. Juni 2021 anzutreten. Eltern verlieren ihren Partnerschaftsbonus nicht, wenn sie in der aktuellen Situation mehr oder weniger arbeiten als geplant. Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld reduzieren das Elterngeld nicht und haben bei einem weiteren Kind keinen negativen Einfluss auf die Höhe des Elterngeldes: Für die Höhe des Elterngeldes bleiben für die Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 die Einnahmen im Bezugszeitraum unberücksichtigt, die der berechtigten Person als Ersatz für Erwerbseinkommen zustehen, das nach der Geburt des Kindes auf Grund der COVID-19-Pandemie weggefallen ist.

Personalvertretung

Zur Vermeidung personalratsloser Zeiten sollen die im Amt befindlichen Personalvertretungen die Geschäfte im Rahmen eines Übergangsmandats kommissarisch weiterführen können, bis Wahlen zur Personalvertretung wieder möglich sind. Beschlussfassungen der Personalvertretungen sollen auch ohne physische Anwesenheit erfolgen können (Video- oder Telefonkonferenz), Sprechstunden als Video-Sprechstunden durchgeführt werden.

Keine Diätenerhöhung in der Pandemie

Angesichts der Corona-bedingten Probleme für die Menschen in Deutschland haben sich alle Bundestagsfraktionen auf eine vorübergehende Aussetzung der jährlichen Erhöhung der Abgeordneten-Diäten verständigt. Mit dem Gesetz wird das Anpassungsverfahren für sämtliche Entschädigungsleistungen im Abgeordnetengesetz und im Europaabgeordnetengesetz für das Jahr 2020 ausgesetzt. Der Bundesrat hat diese Änderung bestätigt.

Planungssicherheit

Um während der Corona-Krise keine wichtigen Planungsvorhaben zu gefährden werden gesetzliche Anpassungen vorgenommen. So werden formwahrende Alternativen für Verfahrensschritte in Planungs- und Genehmigungsverfahren zur Verfügung gestellt, bei denen sonst die Verfahrensberechtigten zur Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte physisch anwesend sein und sich zum Teil in großer Zahl zusammenfinden müssten. Zukünftig soll zum Beispiel die ortsübliche oder öffentliche Bekanntmachung neben der traditionellen analogen Veröffentlichung auch im Internet erscheinen können. Davon unberührt bleibt das Recht des Antragstellers, einer Veröffentlichung zu widersprechen, wenn er die Gefährdung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder wichtiger Sicherheitsbelange befürchtet. Widerspricht der Vorhabenträger der Veröffentlichung im Internet, hat die Behörde das Verfahren bis zu einer Auslegung auszusetzen. Darüber hinaus wird ermöglicht, dass mündliche Verhandlungen, Erörterungstermine und Antragskonferenzen im Rahmen von Online-Konsultationen abgehalten werden können. Das Gesetz ist bis zum 31. März 2021 befristet

Energierecht

Es werden punktuelle Änderungen im Antrags- und Ausschreibungsverfahren vorgenommen. Zum einen wird die Möglichkeit gestrichen, dass Bürgerenergiegesellschaften ohne vorliegende BImSchG-Genehmigung an Ausschreibungen teilnehmen dürfen, da sich dieses Privileg als kontraproduktiv erwiesen hat. Weiterhin werden Fristverlängerungen für Antragsunterlagen gewährt, die sich aufgrund der Corona-Krise nur mit Verzögerung vorlegen lassen. Schließlich wird die die Kompetenz zur Feststellung der Eignung einer Fläche auf See für die Windenergienutzung auf das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie übertragen.

Steuerhilfen in der Gastronomie und beim Kurzarbeitergeld

Fristverkürzt hat der Bundesrat auch mit einem Gesetz für Steuerhilfen in der Gastronomie und beim Kurzarbeitergeld befasst. Der Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants und Gaststätten soll von 19 auf 7 Prozent abgesenkt werden. Ziel ist es, das Gastronomiegewerbe in der Zeit der Wiedereröffnung zu unterstützen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Beschränkungen zu mildern. Die Regelung soll ein Jahr lang gelten: vom 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021. Darüber hinaus sollen Arbeitgeber steuerfrei das Kurzarbeitergeld für ihre Beschäftigten aufstocken können. Die Regelung soll für Zahlungen zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020 gelten. Voraussetzung: Aufstockungsbetrag und Kurzarbeitergeld zusammen übersteigen nicht 80 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgelts. Wird mehr gezahlt, muss nur der darüber hinaus gehende Teil versteuert werden. Das entspricht der Regelung im Sozialversicherungsrecht und soll dafür sorgen, dass die Zahlungen ungeschmälert bei den Beschäftigten ankommen. Das Gesetz wird voraussichtlich in der nächsten Bundesratssitzung verabschiedet.

Der Bundesrat hat heute mit Unterstützung Sachsens das »Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung«, besser bekannt als »Arbeit-von-Morgen-Gesetz« verabschiedet.

Das Gesetz schafft weitere Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld, enthält Sonderregelungen für die betriebliche Mitbestimmung und sorgt für Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung von Beschäftigten.

Die Änderungen beim Kurzarbeitergeld sollen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt etwas abfedern. Die Bundesregierung wird deshalb bis 2021 ermächtigt, die Bezugsdauer der Leistung bei außergewöhnlichen Verhältnissen von 12 auf 24 Monate zu verlängern. Eine solche Verlängerung ist sonst nur möglich, wenn eine Gesamtstörung des Arbeitsmarktes vorliegt. Auch stellt das Gesetz sicher, dass ein Hinzuverdienst dann nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird, wenn es sich bei der neu aufgenommenen Nebenbeschäftigung um einen Minijob in einem systemrelevanten Bereich handelt. Diese Bestimmungen sind erst durch den Bundestagsbeschluss in den ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung aufgenommen worden.

Ebenfalls eine Corona-bedingte Sonderregelung: In der betrieblichen Mitbestimmung können Betriebsräte ihre Beschlüsse bis Januar 2021 per Telefon- oder Videokonferenz fassen und auf eine Präsenzsitzung verzichten; ebenso die Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Betriebsversammlungen dürfen bis Ende Januar 2021 über Videokonferenzen durchgeführt werden.

Das wesentliche Ziel des Gesetzes ist es die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Lage zu versetzten, den Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt durch immer mehr digitale Technologien zu meistern. Dafür wird die Weiterbildung der Beschäftigten verbessert. So können Arbeitnehmer und Arbeitgeber künftig höhere Zuschüsse in der beruflichen Weiterbildung erhalten. Außerdem wird ein Rechtsanspruch auf die Förderung einer beruflichen Nachqualifizierung für Geringqualifizierte eingeführt, damit sie einen Berufsabschluss nachholen können.

Das Gesetz sieht zahlreiche weitere Änderungen vor, so zum Beispiel die elektronische Arbeitslosmeldung; lesen Sie mehr dazu hier: https://www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/bundestag-beschliesst-arbeit-von-morgen-gesetz.html

Das Geologiedatengesetz hat im Bundesrat keine Mehrheit gefunden. Ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses fand ebenfalls keine Mehrheit. Der Freistaat Sachsen hat sich zu beiden Fragen koalitionsbedingt enthalten.

Ziel des Gesetzes ist die Schaffung von Voraussetzungen für die geologische Landesaufnahme sowie die Übermittlung und Sicherung geologischer Daten. Diese sollen Transparenz über die Bodenbeschaffenheit in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands bringen. Auf dieser Grundlage soll die Eignung eines atomaren Endlagerstandortes bestimmt werden.

Ein Teil dieser Daten stammt aus privatwirtschaftlichen Untersuchungen und soll laut dem Gesetzentwurf nicht ohne weiteres veröffentlicht werden. Der Bundestag hat im Gesetzgebungsverfahren eingebracht, dass sechs Wochen vor der Behördenentscheidung über eine öffentliche Bereitstellung der Daten die Unternehmen anzuhören sind. Gegen die Entscheidung gibt es die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Eil-Rechtsschutzverfahrens. Liegt noch keine Entscheidung im Eil-Rechtsschutzverfahren vor, sind gerichtsstrittige Daten vom Vorhabenträger nach dem Standort-Auswahlgesetz in einem geschützten Datenraum einzustellen. Damit werden Eigentumsschutz und Transparenzinteresse effektiv ausgeglichen.

Entsprechend der Stimmenverteilung im Bundesrat machten die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung ihre Blockademehrheit bei Zustimmungsgesetzen geltend. Den Grünen geht der gefundene Kompromiss nicht weit genug. Es wird gefordert, dass alle Daten veröffentlicht werden.

Nun haben der Bundestag oder die Bundesregierung die Möglichkeit den Vermittlungsausschuss anzurufen. Tun sie das nicht, ist das Gesetz gescheitert und es bleibt bei der geltenden Rechtslage.

Der Bundesrat hat im dem Wohngeld-CO2-Bepreisungsentlastungsgesetz im 2. Durchgang mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Mit dem Einstieg in die CO2-Bepreisung ab 2021 wird ein um insgesamt 10 Prozent höheres Volumen an Wohngeld für den Kreis der Wohngeldempfängerinnen und -empfänger bereitgestellt. Damit wird dieser Personenkreis gezielt bei den Heizkosten entlastet, um das Entstehen sozialer Härten zu vermeiden.

Zu diesem Zweck werden die Mittel für das Wohngeld, die von Bund und Ländern jeweils zur Hälfte getragen werden, aufgestockt. Ab 2021 stehen hierfür jährlich 120 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.

Die Einführung der CO2-Komponente im Wohngeld soll im Jahr 2021 für einen Zwei-Personenhaushalt voraussichtlich zu einer durchschnittlichen Erhöhung des Wohngeldes um rund 12 Euro pro Monat führen. Im Durchschnitt aller Wohngeldhaushalte führt die CO2-Komponente im Jahr 2021 voraussichtlich zu einem um rund 15 Euro höheren Wohngeld pro Monat.

Sachsen hat einen Entschließungsantrag des Bundesrates gegen Motorradlärm nicht unterstützt. Da der Freistaat das Grundanliegen der Entschließung unterstützt, hatte er sich im Verfahren dafür eingesetzt, die Geräuschgrenzwerte an bestehende EU-Vorschriften anzupassen. Eine weitere Verschärfung dieser Vorschriften hält Sachsen nicht für angemessen und hat sich deshalb zur Entschließung enthalten.

In dem Antrag wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, sich bei der EU-Kommission für strengere Lärmemissionswerte durch Verschärfung der in der EU geltenden Grenzwerte bei der Genehmigung und Zulassung neuer Motorräder einzusetzen. Außerdem sollen Sanktionen etwa bei Manipulationen am Auspuff und Luftfiltern deutlich verschärft werden.

Die Bundesregierung wird zudem aufgefordert, ein rechtlich sicheres Instrument zu entwickeln, das den Polizeibehörden der Länder bei gravierenden Überschreitungen der Lärmemissionen die sofortige Sicherstellung oder Beschlagnahme des Fahrzeugs an Ort und Stelle ermöglicht. Ferner sollen Initiativen unterstützt werden, beispielweise in Anlehnung an die Rettungsgassen-Kampagne – die Motorradfahrer für eine angemessene Fahrweise zu sensibilisieren.

Ziel der Initiative ist die Herstellung eines Interessenausgleichs zwischen dem Freizeitvergnügen der Motorradfahrenden und der berechtigten Interessen der Anwohner zur Lärmminderung. Es liegt nun an der Bundesregierung, sich der Thematik anzunehmen.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Wohnungseigentumsrechts Stellung genommen. Die Länder begrüßten mehrheitlich das Reformvorhaben, welches auf einen Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder zurückgeht. Auf dessen Grundlage wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, in der auch das Sächsische Justizministerium eingebunden war.

Auf Grundlage der Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurde unter anderem beschlossen, dass jeder Wohnungseigentümer und Mieter im Grundsatz einen Anspruch auf Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug haben soll. Der Freistaat Sachsen hat bereits in der Vergangenheit im Bundesrat die Änderung des Wohneigentumsgesetzes (WEG) mit dem Ziel der Förderung der Elektromobilität gefordert.

Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass Wohnungseigentümern und Mietern der barrierefreie Aus- und Umbau sowie Maßnahmen des Einbruchsschutzes gestattet werden müssen.  Außerdem soll die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen der Wohnanlage vereinfacht werden, insbesondere für Maßnahmen, die zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen. Überdies soll es Wohnungseigentümern ermöglicht werden, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, insbesondere indem die Online-Teilnahme an Versammlungen und die elektronische Beschlussfassung gestattet werden.

Hintergrund der Reform ist, dass sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die umweltpolitischen Herausforderungen und die technischen Möglichkeiten seit Schaffung des Wohnungseigentumsgesetzes verändert haben. Aufgrund des demografischen Wandels ist das Bedürfnis gestiegen, Wohnungen barrierereduzierend aus- und umzubauen. Für die Erreichung der Klimaziele ist die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden unerlässlich. Neben den Maßnahmen zur Barrierereduzierung und zur energetischen Sanierung verlangt auch die Errichtung von Lademöglichkeiten zur Förderung der Elektromobilität Eingriffe in die Bausubstanz. Diesen Herausforderungen wird das geltende WEG in vielen Fällen nicht gerecht, insbesondere, weil es für bauliche Maßnahmen häufig die Zustimmung aller oder eines hohen Anteils der Wohnungseigentümerinnen verlangt.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme in Teilen unterstützt und war mit einem eigenen Antrag erfolgreich.

Ziel des Entwurfes ist es, die bisherigen Regelungen zum NetzDG entsprechend der bisher gemachten Praxiserfahrungen fortzuentwickeln. Der Ansatz des 2017 in Kraft getretenen NetzDG, die Anbieter sozialer Netzwerke beim Umgang mit rechtswidrige Inhalten in die Pflicht zu nehmen, hat sich grundsätzlich bewährt.

Die Notwendigkeit der Bekämpfung strafbarer Hassrede im Internet ist von unveränderter Aktualität. Vor diesem Hintergrund soll die Nutzerfreundlichkeit der Meldewege zum Übermitteln von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte verbessert werden. Zudem soll der Informationsgehalt der von den sozialen Netzwerken einzureichenden Transparenzberichte erhöht werden. Außerdem sollen Verfahren zur einfachen außergerichtlichen Streitbeilegung bei Streitigkeiten zwischen Beschwerdeführern mit den Anbietern sozialer Netzwerke über das Entfernen eines Inhaltes geschaffen werden.

Ein sächsischer Antrag überzeugte die Mehrheit der Länder. Hierin wird die Bundesregierung im weiteren Gesetzgebungsverfahren um Prüfung gebeten, inwieweit die Berichtspflicht der von den sozialen Netzwerken einzureichenden Transparenzberichte auch auf das Aufkommen von automatisierter Kommunikation wie »Social Bots« und menschlicher Interaktion vorgebende Profile (»Fake Profile«) ausgeweitet werden kann. Zudem sollte auch darüber berichtet werden, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen die Anbieter hiergegen unternehmen. Vermehrt ist zu beobachten, dass durch missbräuchlich eingesetzte »Social Bots« und »Fake Profile« Nutzer gezielt beeinflusst werden können, ohne dass diesen bewusst ist, dass es sich dabei um automatisierte Äußerungen handelt. Auf diese Gefahr wurde bereits in der Vergangenheit durch die Justizministerinnen und Justizminister der Länder aufmerksam gemacht.

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun der Bundesregierung übermittelt, die hierzu eine Gegenäußerung verfasst. Die weiteren Lesungen im Deutschen Bundestag sind für Juli 2020 vorgesehen. Vermutlich wird sich der Bundesrat dann im September 2020 abschließend mit dem NetzDG befassen.

Der Bundesrat hat der Verordnung zur Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung und der Deponieverordnung mit Maßgaben zugestimmt.

Mit der Verordnung werden Änderungen in zwei technischen Verordnungen vollzogen, um europäisches Recht umzusetzen: So wird u.a. die Abfallverzeichnis-Verordnung um die Abfalleigenschaften „ökotoxisch“ ergänzt. In der Deponieverordnung wird entsprechend einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2018 ein Ablagerungsverbot für Abfälle umgesetzt, die zur Wiederverwendung oder zum Recycling bestimmt oder dafür geeignet sind. Damit soll der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft gefördert werden. Die Bundesregierung hat das sofortige Inkrafttreten dieser Regelung vorgesehen, obwohl die EU dies erst für 2030 gefordert hatte.

Sachsen hat daher gemeinsam mit dem Saarland einen Plenarantrag eingebracht, mit dem eine dreijährige Übergangsfrist eingeführt wird. Damit soll insbesondere die Bauwirtschaft in Hinblick auf die Verwertung von Bauschutt entlastet werden. Eine Ablagerung mineralischer Abfälle wäre sonst nicht mehr möglich. Dieser Umstand würde sich unmittelbar auch auf die Baukosten auswirken. Ein Umstand den auch der Nationale Normenkontrollrat moniert hatte.

Die Länder sind dem Antrag gefolgt. Deshalb kann die Verordnung nur mit einer Verlängerung der Frist um 3 Jahre in Kraft treten.

Der Bundesrat hat Frau Ines Fröhlich als stellvertretendes Mitglied im Beirat Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen benannt. Frau Fröhlich ist seit dem 20. Dezember 2019 Staatssekretärin im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und folgt in dieser Funktion Herrn Staatssekretär a. D. Stefan Brangs nach, der die Aufgabe vorher innehatte.

Der Bundesrat hat Prof. Dr. Stephan Harbarth zum neuen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Er ist seit Ende 2018 Vorsitzender des Ersten Senats und Vizepräsident des höchsten deutschen Gerichts. Harbarth tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Andreas Voßkuhle an, dessen Amtszeit als Präsident und als Richter am Bundesverfassungsgericht am 6. Mai 2020 endete.

Ebenfalls einstimmig wählte der Bundesrat Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein zur Nachfolgerin Voßkuhles als Richterin im Zweiten Senat. Sie hat derzeit eine Professur für Öffentliches Recht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main inne.

Nach Artikel 94 des Grundgesetzes werden die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Die Präsidentenwahl erfolgt gemäß Artikel 9 Bundesverfassungsgerichtsgesetz im Wechsel zwischen Bundestag und Bundesrat.

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