10.09.2021

1007. Bundesratssitzung vom 10. September 2021

Themen: Fluthilfe + Infektionsschutzgesetz + Ganztagsbetreuung

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1007. Sitzung des Bundesrates.

Nur wenige Tage nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat mit den Stimmen Sachsens dem Aufbauhilfegesetz 2021 und der zugehörigen Verordnung zugestimmt. Auf Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz war der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammengekommen, damit die beschlossenen Hilfen sobald als möglich bei den Betroffenen ankommen. Das Gesetz soll dementsprechend auch möglichst rasch mit der Verkündung in Kraft treten. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht tritt rückwirkend zum 10. Juli 2021 in Kraft und ist bis 1. Mai 2022 befristet.

Fluthilfe

Das Gesetz enthält ein Bündel von Maßnahmen, um die Folgen des verheerenden Juli-Hochwassers zu bewältigen. Darüber hinaus enthält es Regelungen zur Pandemiebekämpfung.

Durch die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 sind Schäden unvorstellbaren Ausmaßes in den betroffenen Regionen entstanden. In den kommenden Jahren sind erhebliche finanzielle Anstrengungen erforderlich, um diese Schäden bei den betroffenen Privathaushalten, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen (Vereine, Stiftungen etc.) sowie der Infrastruktur von Bund, Ländern und Gemeinden zu beseitigen bzw. die zerstörte Infrastruktur wiederaufzubauen. Dies gilt auch für Schäden, die im Freistaat ‚Sachsen entstanden sind.

Mit dem Gesetz wird ein nationaler Solidaritätsfonds »Aufbauhilfe 2021« als Sondervermögen des Bundes zur Finanzierung der Maßnahmen des Wiederaufbaus in den geschädigten Regionen geschaffen. Der Fond umfasst 30 Mrd. EUR.  An der Rückzahlung des Sondervermögens beteiligen sich die Länder, indem sie bis zum Jahr 2050 Anteile am Umsatzsteueraufkommen an den Bund abtreten. Die Verteilung der Mittel erfolgt zunächst durch einen festen Schlüssel, basierend auf den ersten Schadenserhebungen der betroffenen Länder. Danach entfallen auf Rheinland-Pfalz 54,53 Prozent, auf Nordrhein-Westfalen 43,99 Prozent, auf Bayern 1,00 Prozent und auf Sachsen 0,48 Prozent der für die Länderprogramme vorgesehenen Mittel des Fonds.

Aussetzung Insolvenzantragspflicht

In den betroffenen Gebieten wird die Insolvenzantragspflicht temporär für Unternehmen ausgesetzt, wenn die Zahlungsunfähigkeit auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers beruht und begründete Aussicht auf Sanierung besteht. Änderungen beim Pfändungsschutz sollen zudem Betroffenen mit Finanzengpässen Luft verschaffen. Dazu wird in § 23 des Einführungsgesetzes zur ZPO (ZPOEG) geregelt, wie Betroffene erreichen können, dass ihnen die nach § 851 Absatz 1 ZPO unpfändbaren Hochwasser-Soforthilfen auch dann von ihrem Kreditinstitut ausgezahlt werden, wenn diese auf einem Pfändungsschutzkonto eingehen.

Bessere Warnungen und Erleichterungen im Baurecht

Um die Bevölkerung bei künftigen ähnlichen Ereignissen besser warnen zu können, werden Mobilfunkbetreiber zur Einrichtung eines so genannten Cell-Broadcasting-Systems verpflichtet, das an alle in einer Funkzelle eingebuchten Mobiltelefone Warn-Mitteilungen verschicken.

Im Baugesetzbuchs werden bauplanungsrechtlichen Erleichterung bei der befristeten Errichtung mobiler Unterkünfte für Betroffene von Hochwasserkatastrophen sowie mobiler Infrastruktureinrichtungen (z.B. Rathaus, Schule, Kindertagesstätte) in von Hochwasserkatastrophen betroffenen Gemeinden vorgenommen. Durch Änderung des Bundesfernstraßengesetzes und des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, wird die schnelle Errichtung von Ersatzneubauten im Bereich der Verkehrsinfrastruktur erleichtert. Die Regelung stellt klar, dass bauliche Umgestaltungen und Änderungen an Grund- und Aufriss grundsätzlich genehmigungsfrei sind, wenn sie aus Gründen der Resilienz gegen künftige Naturereignisse geboten sind.

Anpassungen im Infektionsschutzgesetz

Durch das Gesetz werden Einreisende aus dem Ausland verpflichtet, künftig generell einen Impf-, Genesungs- oder Testnachweis vorzulegen.

Die sogenannte Hospitalisierung, also die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern, gilt künftig als neuer, wesentlicher Maßstab für die Corona-Schutzvorkehrungen. Sie wird ergänzt um weitere Indikatoren, z.B. die nach Alter differenzierte Zahl der Neuinfektionen, die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und die Zahl der gegen Covid-19 geimpften Personen.

In bestimmten Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Pflegeheimen dürfen Arbeitgeber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ihrem Impf- oder Genesenenstatus befragen. Die Information soll dazu dienen, arbeitsorganisatorische Abläufe innerhalb des Unternehmens zu regeln, beispielsweise Dienstpläne zu organisieren. Die Regelung gilt nur bei einer vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite.

Der Bundesrat hat dem Ganztagsförderungsgesetz in seiner Sondersitzung mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Der Bundesrat hatte in seiner Plenarsitzung am 25. Juni 2021 den Vermittlungsausschuss zum Gesetz angerufen. Die Länder hatten in ihrem Anrufungsbeschluss eine Reihe von Änderungen am Gesetz gefordert, die die Finanzierung des einzuführenden Anspruches auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder betreffen. Am 6. September 2021 erzielte der Vermittlungsausschuss einen Kompromissvorschlag, den der Bundestag am 7. September bestätigte und damit seinen ursprünglichen Gesetzesbeschluss entsprechend veränderte.

Kern des Gesetzes ist die Einführung eines bedarfsunabhängigen Anspruchs auf Förderung in einer Tageseinrichtung von mindestens 8 Stunden. Dieser soll für jedes Kind ab der ersten Klassenstufe bis zum Beginn der fünften Klassenstufe gelten. Anspruchsberechtigt sind Kinder, die ab dem Schuljahr 2026/2027 die erste Klassenstufe besuchen. Der Anspruch soll dann schrittweise auf die folgenden Klassenstufen ausgeweitet werden, so dass ab dem Schuljahr 2029/2030 allen Schulkindern der ersten bis vierten Klassenstufe mindestens acht Stunden täglich Förderung in einer Tageseinrichtung zusteht.

Der Kompromiss aus dem Vermittlungsausschuss sieht nun unter anderem vor, dass Finanzhilfen des Bundes auch für die Erhaltung bereits bestehender Betreuungsplätze und nicht nur für die Schaffung neuer Plätze gewährt werden. Dieser Punkt war für den Freistaat Sachsen sehr wichtig. Sachsen investiert bereits seit vielen Jahren in die Ganztagsbetreuung und nimmt unter den Ländern bei Betreuungsquote und Bildungsvergleichen regelmäßig Spitzenplätze ein. Mit einer Betreuungsquote von 87 % ist der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Sachsen schon annähernd umgesetzt. Umso wichtiger ist es, dass die eingesetzten Mittel auch in die Erhaltung und die Qualitätssicherung von bereits bestehenden Plätzen investiert werden können.   

Außerdem beteiligt sich der Bund mit einer Quote von bis zu 70 Prozent am Finanzierungsanteil der Investitionskosten und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, nur bis zu 50 Prozent. Neu sind außerdem Evaluationen der Investitionskosten und Betriebskosten in den Jahren 2027 und 2030, nach denen Mehr- und Minderbelastungen der Länder angemessen ausgeglichen werden. Damit sind Entwicklungen bei Baupreisen oder Entwicklungen im Lohn z.B. bei Erziehungs- und Lehrpersonal nicht mehr allein Risiko des Landes.

Der Anteil des Freistaates Sachsen an den vom Bund bereitgestellten 3,5 Mrd. EUR für Investitionen beträgt je nach Abruf bis zu 174 Mio. EUR. Der Anteil an den Betriebskosten, die der Bund übernimmt, beträgt in etwa 64 Mio. EUR.

Das Gesetz kann nun zu erheblichen Teilen am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

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