18.01.2021

999. Bundesratssitzung vom 18. Januar 2021

Wichtigste Themen: GWB-Digitalisierungsgesetz + Erweiterter Anspruch auf Kinderkrankengeld während der Corona-Krise

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 999. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat das sogenannte GWB-Digitalisierungsgesetz in einer Sondersitzung passieren lassen. Die Sondersitzung wurde notwendig, nachdem der Bundestag am 14. Januar 2021 das Gesetz über die Regelungen zum Kinderkrankengeld ergänzt und fristverkürzt beschlossen hatte. Mit dem Gesetz wurde ein Beschluss aus der Besprechung der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin vom 5. Januar 2021 umgesetzt. Auch über dieses Gesetz musste der Bundesrat mit besonderer Eilbedürftigkeit befinden.

Wettbewerbsrecht 4.0

Ziel der Wettbewerbsnovelle ist es, missbräuchlichem Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung entgegenzuwirken. Zugleich sollen Innovationen gefördert und die Märkte offengehalten werden. Das Gesetz weitet die Befugnisse der Kartellbehörden aus: Sie sollen künftig schneller und effektiver handeln können – auch durch einstweilige Maßnahmen. So dürfen sie unter anderem Plattformbetreibern untersagen, Angebote von Wettbewerbern bei der Darstellung von Suchergebnissen schlechter als firmeneigene Angebote zu behandeln. Der Bundestag hatte am Regierungsentwurf noch Änderungen vorgenommen. Zur Entlastung des Bundeskartellamts steigt die Umsatzschwelle für Fusionskontrollen auf 50 Millionen Euro für die erste Inlandsumsatzschwelle und auf 17,5 Millionen Euro für die zweite Inlandsumsatzschwelle. Die erstinstanzliche Zuständigkeit für Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamtes nach Paragraf 19 a wurde dem Bundesgerichtshof zugewiesen. So sollen Verfahren beschleunigt werden.

Der Freistaat Sachsen hat eine Protokollerklärung mehrerer Länder unterstützt, in der die Bundesregierung gebeten wird, bei zukünftigen Änderungen des GWB, aber auch im Rahmen anderweitiger Bundesgesetzgebung, die besonderen Auswirkungen auf die Medien und ihre Besonderheiten stärker zu berücksichtigen. Insbesondere geht es dabei um einen Ausgleich zwischen den Erfordernissen eines freien Wettbewerbs und dem besonderen Verfassungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Verlängerung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld während der Corona-Krise

Mit Regelungen in dem Artikelgesetz wird auch der Anspruch auf Kinderkrankengeld ausgeweitet. Durch die andauernde COVID-19-Pandemie und die in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen könnte sich die bestehende Regelung hinsichtlich des Leistungszeitraums des Kinderkrankengeldes als nicht ausreichend erweisen. Deshalb steigt das Kinderkrankengeld für das Jahr 2021 von 10 auf 20 Arbeitstage pro Elternteil und von 20 auf 40 Tage für Alleinerziehende, damit diese ihre Kinder zu Hause betreuen können.

Der Anspruch soll nicht nur bei Krankheit des Kindes gelten, sondern auch, wenn Kitas, Schulen oder Betreuungseinrichtungen pandemiebedingt geschlossen sind. Er besteht unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung nicht auch grundsätzlich im Homeoffice erbracht werden kann.

Für die Zeit des Bezugs von Krankengeld nach dieser Regelung ruht für beide Elternteile der Anspruch nach § 56 Absatz 1a des Infektionsschutzgesetzes.

Der Bund setzt Haushaltsmittel in Höhe von 300 Millionen Euro in Form einer Zahlung an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds als Beitrag zum Ausgleich der geschätzten Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ein. Sollten aufgrund der tatsächlichen Nutzung Mehrausgaben darüber hinaus entstehen, erfolgt ein weiterer Bundeszuschuss nach einer definierten Berechnung des Überschreitungsbetrags. Die Regelung ist zeitlich auf das Kalenderjahr 2021 begrenzt und wird daher zum 1. Januar 2022 wieder aufgehoben. Der sächsische Wirtschaftsminister Dulig gab eine Rede zu Protokoll, in der diese Regelung ausdrücklich begrüßt wird.

Die Ausweitung des Anspruchs auf Kinderkrankengeld soll rückwirkend zum 5. Januar 2021 in Kraft treten, die anderen Regelungen des Artikelgesetzes im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung.

Um schnellstmöglich Rechtssicherheit für die betroffenen Eltern zu schaffen, hat der Bundesrat das Gesetz in einer Sondersitzung behandelt. Es ist die fünfte Sondersitzung des Bundesrates in der Corona-Pandemie. Grundlage für eine Sondersitzung des Bundesrates ist u.a. die Bitte der Bundesregierung, das Gesetzgebungsverfahren möglichst rasch abzuschließen. Artikel 52 des Grundgesetzes und § 15 der Geschäftsordnung des Bundesrates regeln diesen Eilfall.

Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

In einem Plenarantrag, den der Freistaat Sachsen ebenfalls unterstützt hat, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen der Corona-Pandemie bis zum 31.03.2021 zu verlängern. Grund ist, dass die staatlichen Hilfsprogramme zur Abmilderung der finanziellen Folgen der Covid19-Pandemie (insbesondere die sogenannten »November- und Dezemberhilfen« bzw. Überbrückungshilfen) aufgrund der erforderlichen Programmierungen der Antrags- und Abwicklungsstrukturen nur mit Zeitverzögerung zur Auszahlung kommen.

Bei unveränderter Rechtslage hätte die verzögerte Auszahlung der staatlichen Hilfsleistungen zur Folge, dass Unternehmen, die einen berechtigten Antrag auf staatliche Hilfsleistungen gestellt haben, aber ihre Verbindlichkeiten nicht bedienen können, bereits zum 1. Februar 2021 verpflichtet sein könnten, einen Insolvenzantrag zu stellen. Dies hätte zur Folge, dass mit Eintritt der Insolvenzantragspflicht der zuvor berechtigte Anspruch auf staatliche Hilfsleistungen (Novemberhilfen – Antragsfrist bis 31.1.2021 und Dezemberhilfen – Antragsfrist bis 31.3.2021) hinfällig würde. Darüber hinaus ist von staatlicher Seite eine rückwirkend zum 16. Dezember 2020 geltende Überbrückungshilfe III vorgesehen, die aber momentan noch nicht beantragt werden kann. Auch deren mögliche Inanspruchnahme zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen könnte für viele Unternehmen nicht mehr möglich sein, da sie bereits der regulären Insolvenzantragspflicht unterliegen würden.

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