10.06.2022

1022. Bundesratssitzung vom 10. Juni 2022

Blick auf die Sitzreihen im Bundesrat
Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Oliver Schenk bei der 1022. Sitzung des Bundesrates 
© Bundesrat l Sascha Radke

Wichtigste Themen: Mindestlohn +Bundeshaushalt + Sondervermögen Bundeswehr + Rentenerhöhung + Sanktionsmoratorium Hartz IV + Steuererleichterungen Corona + Pflegebonus + Lärmschutz + Digitale Mitgliederversammlungen + Breitbandabdeckung

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1022. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Plenarsitzung zu dem Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung mit Unterstützung des Freistaates Sachsen passieren lassen.

 Mit dem Gesetz soll der gesetzliche Mindestlohn einmalig zum 1. Oktober 2022 auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro angehoben werden. Gerade für viele Menschen in Ostdeutschland bedeute diese Anhebung des Mindestlohns mehr Wertschätzung, so Arbeitsminister Martin Dulig in seiner Rede zu diesem Tagesordnungspunkt im Plenum des Bundesrats. 

In der Zukunft soll dann wieder die Mindestlohnkommission über die Höhe des Mindestlohns befinden. Diese hatte zuletzt eine turnusgemäße Erhöhung zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro brutto pro Stunde beschlossen. Derzeit liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro. 

Zugleich wird mit dem Gesetz die Geringfügigkeitsgrenze (sog. »Minijob«) entsprechend mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 520 Euro monatlich erhöht und dynamisiert. Zudem werden Maßnahmen definiert, um die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu fördern. Dies soll verhindern, dass Minijobs reguläre Arbeitsverhältnisse ersetzen. Dazu wird die Möglichkeit eines zulässigen unvorhersehbaren Überschreitens der Entgeltgrenze bei geringfügig Beschäftigten im Gesetz geregelt. Auch wird die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich (sog. »Midi-Job«) von 1.300 auf 1.600 Euro pro Monat erhöht. Dies soll unter anderem eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit geringem Arbeitsentgelt als bisher bewirken.

Der Bundestag hatte das Gesetz am 3. Juni 2022 in 2./3. Lesung unverändert angenommen. Der Bundesrat und der Freistaat Sachen haben mit der Nichtanrufung des Vermittlungsausschusses jetzt den Weg für die geplanten Regelungen ebenfalls freigemacht. Das Gesetz wurde fristverkürzt beraten und soll noch im Juni in Kraft treten, um ausreichende Vorbereitungszeit für die Erhöhung zu haben.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, zu dem »Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2022 (Haushaltsgesetz 2022)« den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Sachsen hat das Votum unterstützt.

Der Bundeshaushalt 2022 weist im Ergebnis der 2./3. Lesung des Bundestages folgende Eckwerte auf:

Gesamtübersicht Reg. E Veränderung HH 2022 neu
in Mio. EUR
Haushaltsvolumen 483.892 11.900 495.791
Einnahmen      
dav. Steuereinnahmen 332.451 -4.016 328.435
dav. Sonst. Einnahmen 12.499 15.916 28.414
Investitionen 50.836 705 51.541
Nettokreditaufnahmen 138.942 - 138.942

Einige der Änderungen am Regierungsentwurf haben eine besondere Bedeutung für den Freistaat Sachsen.

So wird der Titel »Substanzerhaltung und Restaurierung von unbeweglichen Kulturdenkmälern von nationaler Bedeutung, Zuschüsse für national bedeutsame Kulturinvestitionen« um 66 Mio. EUR auf 73 Mio. EUR erhöht.

Der Titel »Zuschüsse für investive Kulturmaßnahmen bei Einrichtungen im Inland« wird um 60 Mio. EUR auf 99,779 Mio. EUR erhöht. Außerdem werden für die Folgejahre Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von zusätzlich 320 Mio. EUR (Höhe der Verpflichtungsermächtigungen insgesamt: 560 Mio. EUR) zur Verfügung gestellt.

Der Titel »Zuschüsse zu Vorhaben zur Förderung des europäischen Gedankens« wird um 300.000 EUR zur Finanzierung grenzüberschreitender Regionalräte angehoben. Sachsen und Tschechien beabsichtigen, im Juni 2022 eine neue Gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen und damit die Erklärung aus dem Jahr 1992 zu aktualisieren. Es ist geplant, darin auch eine neue Institution der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu vereinbaren. Mit der Einrichtung eines sächsisch-tschechischen grenzüberschreitenden Regionalrates soll die Zusammenarbeit und der Austausch verstärkt werden.

Für ein Programm »Neustart nach Corona« zur Förderung des Breitensports werden 25 Mio. EUR bereitgestellt.

Als Baukostenzuschuss an die Deutsche Raumfahrtausstellung e. V. in Morgenröthe-Rautenkranz werden zur Kapazitätserweiterung 300.000 EUR in 2022 sowie jeweils 500.000 EUR Verpflichtungsermächtigungen in 2023 und 2024 bereitgestellt.

Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) erhält für 2023 Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 80 Mio. EUR zur Vermeidung eines erneuten Antragsstopps.

Es werden 5 Mio. EUR für das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZFS) mit Hauptsitz in Dresden und Bonn bereitgestellt: Von den Mitteln dürfen zwei Forschungsaufträge an das DZSF vergeben werden: a) Marktuntersuchung und Entwicklung einer Spezifikation für europaweit einsetzbares Wagenmaterial (herstelleroffen) und b) Kostenabschätzung zur Höhe der Trassenpreise für Nachtzüge.

Die Zuweisungen für die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« (GRW) werden um 25,259 Mio. EUR in 2022 und Verpflichtungsermächtigungen für 2023 in Höhe von 30 Mio. EUR erhöht.

Im Titel »Verstärkung von Maßnahmen zur Förderung von Projekten im Bereich der Mikroelektronik« treten zu den bereits bestehenden 2,72 Mrd. EUR für 2022 zusätzlich 12,485 Mrd. EUR an Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre 2023 bis 2028 hinzu.

Für die Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur werden aus dem Energie- und Klimafonds 27 Mio. EUR für 2022 sowie Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 449 Mio. EUR für die Folgejahre zur Verfügung gestellt. Außerdem werden aus dem Fonds die Zuweisungen für das Wasserstoffzentrum Chemnitz geleistet. Die in Aussicht gestellt Gesamtfördermittel von 290 Mio. EUR für die geplanten Wasserstoffzentren in Chemnitz, Duisburg, Pfeffenhausen und Nord-Cluster sollen gleichmäßig auf alle vier Standorte verteilt werden. Das bedeutet eine Erhöhung der Mittel für Chemnitz um 12,5 Mio. EUR.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem »Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a)« und dem »Gesetz zur Errichtung eines ›Sondervermögens Bundeswehr‹ (Bundeswehrsondervermögensgesetz – BwSVermG)« zugestimmt bzw. den Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Der Freistaat Sachsen hat beide Voten unterstützt.

Die beschlossene Änderung in Art. 87 a Grundgesetz wird als Schaffung einer Rechtsgrundlage für das »Sondervermögen Bundeswehr« begründet, da andernfalls die Schuldenbremse nicht eingehalten werden würde.

In dem Gesetz zur Errichtung eines »Sondervermögens Bundeswehr« wird klargestellt, dass das Sondervermögen ausschließlich der Stärkung der Bundeswehr dient. Die konkrete Mittelverwendung kann dabei dem Wirtschaftsplan des Sondervermögens entnommen werden. Es wird außerdem sichergestellt, dass auch nach der der Verausgabung des Sondervermögens aus dem Bundeshaushalt weiterhin die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, um das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und den deutschen Beitrag zu den dann jeweils geltenden NATO-Fähigkeitszielen zu gewährleisten.

Der Bundesrat hat zum Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zum Elften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch den Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Das Gesetz kann nunmehr nach der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten verkündet werden.

Das Gesetz geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019 zurück, mit dem der Gesetzgeber aufgefordert wurde, Sanktionen bzw. Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch neu zu regeln, da sie teilweise nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien.

Mit dem vorliegenden »Elften Gesetz zur Änderung des Zeiten Buches Sozialgesetzbuch« soll ein Moratorium die Sanktionsregelungen bei Pflichtverletzungen befristet für ein Jahr außer Kraft setzen. Hierfür wird § 31a SGB II ausgesetzt, der Kürzungen beim Arbeitslosengeld II in Stufen bis zum vollständigen Wegfall im Falle von Pflichtverletzungen vorsieht. Für Meldeversäumnisse nach § 32 SGB II sollen auch weiterhin Leistungskürzungen von bis zu 10 Prozent des Regelbedarfs möglich sein, wenn diese wiederholt auftreten. Eine Wiederholung läge insoweit nur vor, wenn der Zeitraum zwischen den Meldeversäumnissen weniger als ein Jahr wäre.

Die mit diesem Gesetz getroffenen Regelungen sollen einen Zwischenschritt hin zum von der Bundesregierung geplanten Bürgergeld darstellen. Das Bürgergeld soll voraussichtlich im kommenden Jahr eingeführt werden und die Mitwirkungsrechte sowie Pflichtverletzungen grundsätzlich neu regeln.

Der Freistaat Sachsen hat sich zur Empfehlung, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen, koalitionsbedingt enthalten.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem vierten Corona-Steuerhilfegesetz mit den Stimmen Sachsens zugestimmt. Mit dem Gesetz werden zur weiteren Bekämpfung der Corona-Folgen und Stärkung der Binnennachfrage eine Reihe steuerlicher Maßnahmen umgesetzt.

Vom Arbeitgeber gewährte Sonderzahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise werden bis zu einem Betrag von 4.500 EUR steuerfrei gestellt. Der Kreis begünstigter Personen wurde im Gesetzgebungsverfahren ausgeweitet auf weitere medizinische Berufsgruppen.

Des Weiteren wird die Steuerbefreiung der Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert, die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.

Unternehmen profitieren vor allem von der Ausweitung der Abschreibungsmöglichkeiten. Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden. Außerdem wird die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert. Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. EUR bzw. auf 20 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre.

Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7 g Einkommensteuergesetz (EStG), die in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr verlängert und die die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG werden wie bei § 7g EStG um ein weiteres Jahr verlängert. Die bilanzsteuerliche Abzinsung von Verbindlichkeiten wird abgeschafft.

Zudem wird die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen für das Jahr 2020 in beratenen Fällen verlängert, um Steuerberaterinnen und Steuerberater zu entlasten. Diese Änderung geht auf einen Vorschlag des Bundesrates zurück.

Der Bundesrat hat ein Gesetz zur Zahlung eines Bonus für Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen passieren lassen und damit den Beschluss des Deutschen Bundestages auf Initiative der der Koalitionsfraktionen in einem sogenannten »unechten« zweiten Durchgang bestätigt.

Im Rahmen des Pflegebonus stehen für Prämienzahlungen an Pflegepersonal in den Krankenhäusern sowie im Bereich der Langzeitpflege jeweils 500 Mio. EUR zur Verfügung. Die konkrete Höhe des Pflegebonus ist nach Qualifikation, Arbeitszeit und Nähe zur Versorgung gestaffelt und beträgt maximal bis zu 550 EUR. Bezugsberechtigt sind neben Beschäftigten in der Patientenversorgung auf Auszubildende, Freiwilligendienstleistende, Personen im FSJ, Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter und weitere. 

Mit dem Gesetz werden zudem schon bestehende gesetzliche Regelungen zur Zahlung einer Entlohnung des Pflegepersonals nach Tarif oder mindestens in Höhe der durchschnittlichen tariflichen Löhne für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pflege und Betreuung nachgeschärft. 

Allen Verantwortlichen ist jedoch bewusst, dass es weiterer Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte bedarf. Für ihren täglichen Einsatz zur Hilfe für pflegebedürftige Menschen möchte auch die Sächsische Staatsregierung die Verabschiedung im Bundesrat nutzen, ihren herzlichen Dank an die Pflegekräfte für ihre wertvolle Arbeit auszusprechen. Der Pflegebonus ist ein kleiner Teil der Anerkennung für ihren Einsatz.

Das Gesetz soll im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Der Bundesrat hat heute der Verordnung der Bundesnetzagentur über die Mindestanforderungen für das Recht auf Breitbandversorgung zugestimmt und eine begleitende Entschließung gefasst.

Mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes im letzten Jahr wurde das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten – dem sog. »Universaldienst« – geschaffen. Danach haben alle Bürgerinnen und Bürger einen individuellen Anspruch auf Versorgung mit einem Mindestangebot an Telekommunikationsdiensten, wie beispielsweise Anrufe, Videotelefonie, Online-Shopping oder Online-Banking. Zur Umsetzung dieses Rechts regelt die beschlossene Verordnung Mindestanforderungen an Internetzugangs- sowie Sprachkommunikationsdienste: Die Telekommunikationsunternehmen müssen beim Internetzugang Bandbreiten von mindestens 10,0 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) im Download beziehungsweise mindestens 1,7 Mbit/s im Upload sowie eine Verzögerungszeit von höchstens 150,0 Millisekunden gewährleisten.

Diese Werte müssen künftig in jedem Haushalt regelmäßig verfügbar sein, um eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Stellt die Bundesnetzagentur zum Beispiel auf Hinweis eines Bürgers fest, dass ein Haushalt überhaupt nicht oder unterversorgt ist, kann sie ein Telekommunikationsunternehmen zur entsprechenden Versorgung verpflichten. Der Bürger hat dann gegen das verpflichtete Unternehmen einen gesetzlichen Anspruch auf Erbringung der Versorgung.

Darüber hinaus hat der Bundesrat eine begleitende Entschließung gefasst, die der Freistaat Sachsen unterstützt hat. Mit dieser wird die Bundesregierung aufgefordert, die Telekommunikationsmindestversorgung vor dem Hintergrund der stetig steigenden technischen Anforderungen an Internetzugangs- und Sprachtelekommunikationsdienste zügig weiterzuentwickeln. Die Bundesregierung wird ferner gebeten, eine Evaluation mit dem Ziel durchzuführen, die Umsetzungsprozesse, die Auswirkungen auf die gesamte Ausbaudynamik in Deutschland und die Geeignetheit der festgesetzten Leistungsanforderungen insbesondere im Hinblick auf Mehrpersonenhaushalte zu überprüfen. Weiterhin soll eine Studie erstellt werden, in der ermittelt wird, wie viele Haushalte vom Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen betroffen sind und wie viele Anschlüsse davon leitungsgebunden beziehungsweise mit drahtlosen Anschlusstechnologien wie etwa über satellitengestützte Lösungen realisiert werden können.

Die Bundesregierung hat in Reaktion darauf eine Protokollerklärung abgegeben, wonach sie insbesondere die Situation der Mehrpersonenhaushalte zeitnah evaluieren wird.

Das Gesetz zur Rentenanpassung 2022 und Verbesserungen für den sogenannten Rentenbestand bei den Renten wegen einer Erwerbsminderung hat heute den Bundesrat passiert.

Nach einer Corona-bedingten Nullrunde im Jahr 2021 steigen die Renten zum 1. Juli 2022 so stark wie seit vielen Jahren nicht. In den westdeutschen Bundesländern werden die Renten um 5,35 Prozent auf den Rentenwert von 36,02 EUR erhöht, in den ostdeutschen Ländern sogar um 6,12 Prozent auf 35,52 EUR. Die Ostrenten erreichen mit der jüngsten Erhöhung 98,6 Prozent des Wertes der Westrenten.

Mit dem Gesetz wird außerdem der zwischenzeitlich ausgesetzte Nachholfaktor in der Rentenversicherung wiedereingeführt. Er dämpft die Rentenerhöhung etwas. Damit soll ausgeglichen werden, dass die Renten im vergangenen Jahr nicht gekürzt werden mussten, obwohl die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Corona-Pandemie schrumpften. Der Dämpfungseffekt des Nachholfaktors ist dank der nun wieder besseren Lohnentwicklung aber minimal.

Auch die Erwerbsminderungsrenten werden steigen: Ab dem 1. Juli 2024 erhalten Bezieherinnen und Bezieher von Erwerbsminderungsrenten, deren Rente zwischen 2001 und 2018 bewilligt worden ist, einen pauschalen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten. Von diesen Erhöhungen werden rund drei Millionen Erwerbsminderungsrentner profitieren.

Des Weiteren bestimmt das Gesetz für die Zeit ab 1. Juli 2022 die allgemeinen Rentenwerte in der landwirtschaftlichen Alterssicherung, die Mindest- und Höchstbeträge des Pflegegeldes der gesetzlichen Unfallversicherung sowie den Anpassungsfaktor für Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Zudem erhält die Künstlersozialversicherung einen staatlichen Zuschuss in Höhe von 59 Millionen Euro, um die Künstlersozialabgabe in Folge der Corona-Pandemie zu stabilisieren.

Damit die Erhöhungen zum 1. Juli 2022 in Kraft treten können, wurde das Gesetz fristverkürzt im Bundesrat beraten.

Der Bundesrat hat in seiner 1022. Sitzung dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes mit den Stimmen Sachsens zugestimmt.

Das Gesetz sieht vor, dass im Fall längerfristiger Sperrungen von Bundesfernstraßen den Anwohnern an Umleitungsstrecken die Ausgaben für passive Lärmschutzmaßnahmen an ihren Gebäuden, wie beispielsweise für den Einbau von Schallschutzfenstern, erstattet werden. Damit sollen die Auswirkungen des ansteigenden Verkehrslärms entlang von Umleitungsstrecken verringert und die Akzeptanz in der Bevölkerung für notwendige Umleitungen erhöht werden.

Voraussetzung ist, dass der Lärmpegel um mindestens drei Dezibel ansteigt, der so genannte Beurteilungspegel von 64 Dezibel am Tag oder 54 Dezibel in der Nacht überschritten wird und die Streckenumleitung länger als zwei Jahre andauern wird. Der Kostenerstattungsanspruch richtet sich gegen den Bund und wird auf Antrag gewährt.

Der Bundesrat hat mit sächsischer Unterstützung beschlossen, einen Gesetzentwurf beim Bundestag einzubringen, der eine pandemiebedingte, befristete Vorschrift zur Abhaltung digitaler Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht verstetigen soll. Die Regelung hatte sich während der Corona-Pandemie in der Praxis bewährt.

Nach aktueller Rechtslage – ohne pandemiebedingte Sondervorschriften – haben Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht grundsätzlich als Präsenzveranstaltungen stattzufinden. Die Abhaltung von virtuellen Mitgliederversammlungen ist nur dann möglich, wenn die Satzung des Vereins dies ausdrücklich vorsieht oder alle Mitglieder ausdrücklich zustimmen. Aufgrund der Pandemie wurde 2020 eine Sonderregelung geschaffen, die es Vereinen ermöglicht, auch ohne entsprechende Satzungsregelungen Mitgliederversammlungen im Wege der elektronischen Kommunikation durchzuführen. Diese Regelung wird allerdings nach dem 31. August 2022 auslaufen.

Der auf einer Initiative des Freistaates Bayern beruhende Gesetzentwurf sieht nun eine Erweiterung von § 32 Bürgerliches Gesetzbuch (Mitgliederversammlung; Beschlussfassung) vor, um digitale Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht auch über die pandemische Situation hinaus zu ermöglichen. Dies sei angesichts der voranschreitenden Digitalisierung sinnvoll und führe außerdem zu einer Stärkung der Mitgliedschaftsrechte und einer Förderung des ehrenamtlichen Engagements. Die Regelung ist so ausgestaltet, dass den Mitgliedern eine digitale Teilnahme ermöglicht wird, sie aber nicht dazu gezwungen werden können. Die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte wird damit sichergestellt. Aufgrund von Verweisen auf § 32 BGB würde die neue Regelung zusätzlich auch für Sitzungen des Vereinsvorstands und für Sitzungen von Stiftungen und Stiftungsorganen gelten.

Nach der Ausschussbefassung hat der Bundesrat, ebenfalls mit sächsischer Unterstützung, den Gesetzentwurf in geringfügig angepasster Form beschlossen: Anstelle die Versammlung generell »im Wege elektronischer Kommunikation« durchführen zu können – dies könnte auch reine Telefonkonferenzen oder Online-Chat-Räume umfassen – ist nun durch die Formulierung »im Wege der Bild- und Tonübertragung« sichergestellt, dass ausschließlich Videokonferenzen ermöglicht werden sollen.

Der Gesetzentwurf wird nun der Bundesregierung übermittelt. Diese kann Stellung nehmen, bevor sie den Entwurf zur Entscheidung an den Bundestag weiterleitet. Eine Frist ist dafür nicht vorgehsehen.

Der Bundesrat hat keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften erhoben. Ein Antrag, der auf eine unbefristete Zulassung von virtuellen Hauptversammlungen in der Satzung einer Aktiengesellschaft gerichtet war, fand keine Mehrheit. Auch Sachsen hatte den Antrag nicht unterstützt.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Aktiengesellschaften und verwandten Rechtsformen wie etwa Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit zu erlauben, in ihren Satzungen die Möglichkeit vorzusehen, dass Hauptversammlungen ausschließlich virtuell abgehalten werden können. Nach aktueller Rechtslage – ohne pandemiebedingte Sondervorschriften – sind Satzungsbestimmungen zur Durchführung rein virtueller Hauptversammlungen nicht zulässig, so dass nur Präsenz- und Hybridversammlungen möglich sind. Eine pandemiebedingte Sonderregelung, die ohne Satzungsgrundlage das Abhalten einer rein virtuellen Hauptversammlung ermöglicht, ist bis zum 31. August 2022 befristet. Der vorliegende Gesetzentwurf soll nun die Kerngedanken dieser Sonderregelung in weiterentwickelter Form in dauerhaftes Recht überführen und dabei insbesondere die Aktionärsrechte stärken und sie auf einem mit einer Präsenz- oder hybriden Veranstaltung vergleichbaren Niveau sicherstellen. Vor dem Hintergrund, dass Satzungsänderungen eines Treffens der Hauptversammlung bedürfen, wird zudem durch eine Übergangsregelung sichergestellt, dass noch bis zum 31. August 2023 der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats auch ohne eine Satzungsgrundlage eine rein virtuelle Hauptversammlung einberufen kann.

In einem nächsten Schritt wird im Bundestag eine öffentliche Sachverständigenanhörung stattfinden. Es ist geplant, das Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden.

Der Bundesrat hat zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren (»strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung«) Stellung genommen.

Die vorgeschlagene Richtlinie soll zur Verbesserung des Schutzes von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern vor missbräuchlichen Gerichtsverfahren beitragen. Gerichte und die von SLAPP-Klagen Betroffenen sollen in Zivilverfahren mit grenzüberschreitendem Bezug mithilfe verschiedener Maßnahmen (u.a. Möglichzeit zur vorzeitigen Verfahrenseinstellung, Auferlegung der Verfahrenskosten an den Kläger, Schadensersatzansprüche der Betroffenen) in die Lage versetzt werden, offenkundig unbegründete oder missbräuchliche Klagen schnell abzuwehren.

In einer ergänzenden Empfehlung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Vorschriften über die von dem Richtlinienvorschlag erfassten grenzüberschreitenden Zivilverfahren hinaus auch in innerstaatlichen Fällen mit den vorgeschlagenen EU-Vorschriften in Einklang zu bringen.

Der Freistaat Sachsen hat zusammen mit Baden-Württemberg im EU-Ausschuss einen Antrag eingebracht, in der die Vorlage grundsätzlich begrüßt wird. Kernanliegen des Antrages ist, dass es klare Regelungen für die deutsche Umsetzung gibt. Öffentlichkeit für freie Berichterstattung und Gewährleistung der Pressefreiheit sind hohe Güter für die Demokratie und müssen dementsprechend zuverlässig geschützt werden.

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