14.11.2022

1027. Bundesratssitzung vom 14. November 2022

Blick durch eine Glasscheibe in den Plenarsaal
Der Bundesrat war am 14. November 2022 zu einer Sondersitzung zusammengekommen 
© Landesvertretung Sachsen

Wichtigste Themen: Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz + Bürgergeldgesetz

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1027. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat das ERP-Wirtschaftsplangesetz 2023 mit der Unterstützung Sachsens passieren lassen. In den Gesetzesberatungen im Deutschen Bundestag war dem Gesetz das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz im sogenannten Omnibusverfahren angehangen worden.

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz am Abend des 10. November 2022 beschlossen. Es geht auf eine Formulierungshilfe zurück, die die Bundesregierung am 2. November 2022 beschlossen und den Regierungskoalitionsfraktionen zur Verfügung gestellt hat. Auf Wunsch der Bundesregierung kam der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammen, damit die Entlastungen, die das Gesetz vorsieht noch rechtzeitig in Kraft treten können.

Ziel des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz ist es, Haushaltskunden und kleinere Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 1.500 Megawattstunden Gas durch eine einmalige Soforthilfe von den gestiegenen Kosten zu entlasten. Diese Entlastung soll als Überbrückung dienen, bis im nächsten Jahr die geplante Gaspreisbremse wirkt. Für die Betroffenen entfällt die Pflicht, die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen für den Monat Dezember zu leisten. Bei der Wärmeversorgung erfolgt die Entlastung durch eine pauschale Zahlung, die sich im Wesentlichen an der Höhe des im September gezahlten Abschlags bemisst.

Für Mieterinnen und Mieter, die keine eigenen Verträge mit den Energielieferanten haben, sondern über Nebenkostenabrechnungen betroffen sind, sind differenzierte Sonderregeln je nach Vertragsgestaltung gegenüber der Vermieterseite vorgesehen. Ziel ist es, auch diese Haushalte zeitnah von den Kostensteigerungen zu entlasten. Die Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen können sich die ausgefallenen Dezemberzahlungen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau erstatten lassen.

Das geplante Wirtschaftsplangesetz des ERP-Sondervermögens 2023, das als »Trägergesetz« für die Dezember-Soforthilfen dient, sieht unter anderem Finanzierungshilfen für Unternehmensgründungen, Förderung mittelständischer Unternehmen, Stipendien an Studierende und Forschende sowie die langfristige Förderung von Informationsreisen von Jugendlichen und Multiplikatoren nach Deutschland vor. Basis ist das European Recovery Programm, das auf den Marshallplan der Nachkriegszeit zurückgeht. Es stellt im nächsten Jahr Mittel in Höhe von rund 943 Millionen Euro zur Verfügung.

Mit der erfolgten Billigung des Gesetzes durch den Bundesrat und kann es nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Die Regeln zu den Soforthilfen sollen gleich am Tag darauf in Kraft treten, die Änderungen zum ERP-Sondervermögen am 1. Januar 2023.

Der Bundesrat hat dem Bürgergeldgesetz nicht zugestimmt. Auch der Freistaat Sachsen hat das Gesetz im Bundesrat nicht unterstützt. Das Gesetz kann somit nicht in Kraft treten. Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag haben nun die Möglichkeit, zu dem Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Das Gesetz sieht vor, die Berechnung der Regelbedarfe neu zu gestalten. Diese sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden. Die Regelbedarfe für das kommende Jahr sind bereits entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 soll etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro erhalten - 53 Euro mehr als bisher.

In den ersten zwei Jahre des Bürgergeldbezugs soll eine sogenannte Karenzzeit gelten. Die Kosten für die Unterkunft sollen in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen werden. Gleiches gilt für die Heizkosten in angemessener Höhe. Vermögen wird nicht berücksichtigt, sofern es nicht erheblich ist. Leistungsberechtigte müssen eine Selbstauskunft erteilen, um zu bestätigen, dass ihr Vermögen die Grenzwerte für das Schonvermögen nicht überschreitet.

Für Bürgergeldbeziehende sollen zudem höhere Freibeträge gelten als bislang. Die bisherige Eingliederungsvereinbarung soll durch einen Kooperationsplan abgelöst werden, den Leistungsberechtigte und Integrationsfachkräfte gemeinsam erarbeiten. Dieser Plan soll dann als »roter Faden« im Eingliederungsprozess gelten. Mit Abschluss des Kooperationsplans gilt eine Vertrauenszeit. Wer Termine nicht wahrnimmt, soll nach dem Gesetz auch weiterhin mit Sanktionen rechnen müssen, allerdings nur im Wiederholungsfall. Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse betragen dann höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert. Es soll keine Leistungsminderung geben, sollte sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen. Die verschärften Sonderregelungen für die unter 25-jährigen Hilfeempfänger sollen entfallen.

Geringqualifizierte sollen auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung soll Leistungsberechtigten helfen, die besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen. Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende sollen nach dem Entwurf mehr ihres selbstverdienten Geldes behalten können. Die großzügigeren Freibeträge für Minijob-Verdienste sollen bis zu drei Monate nach Schulabschluss gelten.

Außerdem sieht das Gesetz vor, die Regelungen zum »Sozialen Arbeitsmarkt« zu entfristen. Deren Ziel ist es, besonders arbeitsmarktfernen Menschen soziale Teilhabe durch längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen und Übergänge in ungeförderte Beschäftigung zu erreichen. Bislang sollte die Regelung am 31. Dezember 2024 auslaufen.

Im Gesetzgebungsprozess hatten u.a. der Bundesrechnungshof, die Arbeitsagentur, der Städte- und Gemeindebund und auch der Bundesrat Bedenken gegen einzelne Regelungen des Gesetzes geltend gemacht, auf die der Gesetzgeber nicht eingegangen war. Die Anhebung des Regelsatzes war dabei nicht Teil der Kritik. Der Freistaat Sachsen hofft nun auf ein rasches und produktives Vermittlungsverfahren.

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