23.05.2025

1054. Bundesratssitzung vom 23. Mai 2025

Ein Mann in Anzug und Krawatte spricht am Rednerpult
Der sächsische Landwirtschaftsminister von Breitenbruch spricht im Bundesrat zur EU-Vision für Landwirtschaft und Ernährung 
© Landesvertretung Sachsen

Wichtigste Themen: EU-Vision für Landwirtschaft und Ernährung + 60 Jahre deutsch-israelische Beziehungen + EU-Aktionsplan für die Automobilindustrie + Weiterbildung in der Kinder- und Jugendmedizin + Überbrückungsfinanzierung für Krankenhäuser + Ausbau der digitalen Infrastruktur + EU-Die Union der Kompetenzen

Zur vollständigen Tagesordnung einschließlich aller Drucksachen, Beschlüsse usw. dieser Bundesratsplenarsitzung:

Hier finden Sie das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen und die Abstimmungsergebnisse aus der 1054. Sitzung des Bundesrates.

Der Bundesrat hat zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Eine Vision für Landwirtschaft und Ernährung – Gemeinsam einen attraktiven EU-Agrar- und Lebensmittelsektor für künftige Generationen gestalten, Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat dabei Teile der Stellungnahme unterstützt und war mit eigenen Anträgen in den Ausschüssen des Bundesrates erfolgreich. Der sächsische Landwirtschaftsminister sprach im Bundesrat und betonte, dass die Interessen und Bedürfnisse der Landwirtinnen und Landwirte bei der Entwicklung dieser Vision in den Mittelpunkt gestellt werden müssen.

Die Mitteilung zeigt die Vision der Europäischen Kommission für eine zukunftsfähige und wettbewerbsfähige Ernährungs- und Agrarwirtschaft der EU bis 2040 und darüber hinaus auf. Sie stellt damit einen Fahrplan vor, an dem sich Maßnahmen der EU orientieren können. Hintergrund ist die Bedeutung der Landwirtschaft für die Wettbewerbsfähigkeit der EU, der Erhalt von Ernährungssouveränität und die Bedeutung für den Erhalt ländlicher Regionen.

Die Vision der Europäischen Kommission basiert dabei auf vier Schwerpunkten: Der Agrar- und Lebensmittelsektor soll einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten und neue Einkommensquellen erschließen, der Sektor soll grundsätzlich wettbewerbsfähiger und resilienter werden, die planetaren Grenzen und die Klimaziele der EU sollen berücksichtigt werden sowie die Wertschätzung von Lebensmitteln und den Erhalt von fairen Arbeitsbedingungen in ländlichen Gebieten. Zuletzt soll die Vision auch die Ausrichtung der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2028–2034 umfassen.

In seiner Stellungnahme begrüßt der Bundesrat in weiten Teilen die Vision für Landwirtschaft und Ernährung. Er betont dabei u. a., dass bei der weiteren Ausgestaltung der Vision die Interessen und Bedürfnisse der Landwirtinnen und Landwirte in den Mittelpunkt gestellt und dabei die Prämissen Einfachheit, Praxistauglichkeit und Planbarkeit zugrunde gelegt werden müssen.

Der Bundesrat hat auf Antrag aller Länder mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung zu »60 Jahre deutsch-israelische Beziehungen« gefasst.

Mit der Entschließung würdigt der Bundesrat die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel vor 60 Jahren und das feste Band, das sich seither zwischen beiden Staaten entwickelt hat. Vor dem Hintergrund der Shoah und der deutschen Schuld an der Ermordung der Jüdinnen und Juden in Europa war die Aufnahme von Beziehungen vor 60 Jahren keine Selbstverständlichkeit. Es war ein wichtiger Schritt, damit sich neues Vertrauen herausbilden konnte. Vor diesem Hintergrund bekräftigt der Bundesrat, dass es zur deutschen Verantwortung gehört, sich für die Existenz des Staates Israel einzusetzen und für dessen Sicherheit einzutreten.

Der Bundesrat erinnert an seine Verurteilung der menschenverachtenden Terroranschläge der Hamas auf Israel mit seiner Entschließung vom 20. Oktober 2023 und bekennt sich zum israelischen Recht auf Selbstverteidigung. Nach mehr als eineinhalb Jahren sind noch immer nicht alle der von der Hamas verschleppten Geiseln in Freiheit. Der Bundesrat unterstreicht seine Forderungen, dass die lebenden Geiseln umgehend freigelassen, die sterblichen Überreste Verschleppter von der Hamas übergeben und die Angriffe auf Israel beendet werden müssen.

In diesem Zusammenhang unterstreicht der Bundesrat seine Sorge, dass es seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel auch in Deutschland zu einer Zunahme antisemitischer Vorfälle sowie zu antiisraelischen Hassdemonstrationen gekommen ist, bei denen das Existenzrecht Israels geleugnet und zur Beseitigung des israelischen Staates aufgerufen wurde. Vor diesem Hintergrund bekräftigt er, dass sowohl das Existenzrecht des Staates Israel als auch der Schutz und die Sicherheit jüdischer Menschen in Deutschland zur deutschen Staatsräson gehören.

Weiterhin betont der Bundesrat seinen Willen, die vielfältigen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zu stärken und auch zukünftig auf allen Ebenen auszubauen.

Der Bundesrat hat zum Aktionsplan für die europäische Automobilindustrie der EU Kommission mit den Stimmen Sachsens Stellung genommen. Die Stellungnahme beruht hauptsächlich auf sächsischen Anträgen in den Ausschüssen des Bundesrates.

Die Europäische Kommission hat am 05.03.2025 einen umfassenden Aktionsplan vorgestellt, um die europäische Automobilindustrie angesichts tiefgreifender technologischer Veränderungen, zunehmenden internationalen Wettbewerbs und der Transformation zur emissionsarmen Mobilität zu stärken. Primäres Ziel des Aktionsplans ist die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der europäischen Automobilindustrie. Daneben soll die Widerstandsfähigkeit gegenüber internationalen Wettbewerbern, insbesondere China und USA, gestärkt werden. Kernmaßnahmen sind flexiblere CO2-Ziele, die Gründung einer Allianz für vernetztes und autonomes Fahren, der Fokus auf Unternehmensflotten und Investitionen in Batterien und Lieferketten. Der Aktionsplan sieht eine enge Zusammenarbeit mit Industrie, Sozialpartnern und Mitgliedstaaten vor. Viele Maßnahmen müssen noch durch das EU-Gesetzgebungsverfahren bestätigt werden. Er setzt auf gezielte Investitionen, Innovationsförderung, Flexibilität bei Klimavorgaben und soziale Unterstützung, um die europäische Automobilindustrie zukunftsfähig, wettbewerbsstark und nachhaltig aufzustellen.

In seiner Stellungnahme begrüßt der Bundesrat den Aktionsplan. Er weist jedoch darauf hin, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen allein nicht reichen werden, um den aktuellen Herausforderungen der Branche umfassend zu begegnen. So fordert der Bundesrat u. a. die Bundesregierung weiterhin auf, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, die Überprüfungsklausel für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bereits für das Jahr 2025 wirksam werden zu lassen. Darüber hinaus mahnt er Technologieoffenheit bei der Förderung emissionsarmer Antriebe an. Bei der Industrieförderung mahnt der Bundesrat die regional verankerten KMU der Zulieferindustrie mit ihren innovativen regionalen Wertschöpfungsnetzwerken bei dem anstehenden Strukturwandel nicht aus den Augen zu verlieren.

Der Bundesrat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung gefasst, die die Bundesregierung auffordert, die Weiterbildung in der Kinder- und Jugendmedizin zu stärken.

In seiner Entschließung stellt der Bundesrat fest, dass ein größerer Bedarf bei der Förderung der Weiterbildung in der Facharztgruppe der Kinder- und Jugendmedizin besteht. Maßnahmen zur dauerhaften Stärkung der kinder- und jugendärztlichen Versorgung seien daher notwendig, um den aktuellen Bedarf abzudecken und um die hausärztliche sowie fachärztliche Versorgung auch zukünftig zu sichern. Hierbei darf die Förderung der ambulanten Weiterbildungsstellen im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin nicht in Konkurrenz zur sonstigen fachärztlichen Versorgung stehen. Ebenso darf sie nicht einer mengenmäßigen Deckelung unterliegen.

Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen, der den Bereich der kinder- und jugendärztlichen Facharztweiterbildung vom begrenzten Kontingent an zur Verfügung stehenden Weiterbildungsstellen befreit. Hierfür soll in § 75a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) eine Ergänzung um die kinder- und jugendärztliche Weiterbildung aufgenommen werden. Darüber hinaus soll die Begrenzung der Förderung von lediglich 250 Weiterbildungsstellen in der Kinder- und Jugendmedizin entfallen. Mittelbar würden auch weitere Facharztgruppen von der Änderung profitieren.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung gefasst, die die Bundesregierung bittet, zeitnah Vorschläge für den Ausgleich der inflationsbedingten Mehrkosten der Krankenhäuser und die Unterstützung der Krankenhäuser im anstehenden Strukturwandel vorzulegen.

Die meisten Krankenhäuser stehen seit Jahren unter einem weiterhin zunehmenden finanziellen Druck. Der Bundesrat hält deshalb einen strukturellen Inflationsausgleich für 2022 und 2023 für dringend geboten, um die nicht refinanzierten Kostensteigerungen auszugleichen. Dabei hält er eine basiswirksame Erhöhung des Landesbasisfallwertes um vier Prozent für angezeigt. Um die Krankenhausstandorte im anstehenden Strukturwandel zu unterstützen, sind aus Sicht des Bundesrates weitere Maßnahmen notwendig. Der Bundesrat fordert daher zusätzliche finanzielle Mittel des Bundes für den Übergangszeitraum bis die Finanzierungsreform vollständig greift. Ansonsten drohten weitere Insolvenzen und eine kalte Strukturbereinigung, bevor die Reform überhaupt greifen kann.

Der Bundesrat hat mit den Stimmen Sachsens eine Entschließung zum dynamischen Ausbau der digitalen Infrastruktur gefasst.

Beim flächendeckenden Ausbau der digitalen Infrastrukturen ist trotz erkennbarer Fortschritte bei der Versorgung mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen und mit Mobilfunk nach wie vor noch ein deutlicher Nachholbedarf feststellbar. Dies macht sich am deutlichsten in den eher ländlich strukturierten Regionen Deutschlands und in Regionen mit schwierigen topographischen Bedingungen bemerkbar. Der Bundesrat betont die Bedeutung des flächendeckenden Glasfaserausbaus, welcher durch digitale Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden kann.

Mit der Entschließung wird die neue Bundesregierung aufgefordert, umgehend gesetzgeberische Schritte einzuleiten, um ein Nachfolgegesetz für das gescheiterte Telekommunikation-Netzausbaubeschleunigungsgesetz und weitere flankierende Maßnahmen in der anstehenden Legislaturperiode umzusetzen. Neben der Zuerkennung des uneingeschränkten überragenden öffentlichen Interesses für den Ausbau der digitalen Infrastrukturen sollen dabei auch wirkungsvollere Vorgaben für die Bundesnetzagentur zur qualitativ hochwertigen Versorgung von Fläche, Haushalten und Verkehrswegen in das Gesetz Eingang finden. Darüber hinaus sollen Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz analog zu den Erleichterungen für die Genehmigung von Windkraftanlagen aufgenommen werden. Die Förderung von Mobilfunkstandorten durch öffentliche Mittel soll auch weiterhin möglich bleiben. Der Fokus sollte dabei auf unversorgten »Weiße Flecken« liegen. Gerade diese bedürfen bspw. zu einer umfänglichen Absicherung der Notrufdienste, eines besonderen Augenmerks. Weiße Flecken sind Gebiete, die über keine breitbandige Mobilfunkversorgung verfügen.

Darüber hinaus spricht sich der Bundesrat für die Weiterarbeit der Mobilinfrastrukturgesellschaft des Bundes über das Jahr 2025 hinaus aus. Diese solle u. a. eine Strategie zur Weiterentwicklung des Rechenzentrumsstandorts Deutschland erstellen und umsetzen.

Der Bundesrat hat zu einer Mitteilung der EU-Kommission »Die Union der Kompetenzen« Stellung genommen. Der Freistaat Sachsen hat die Stellungnahme unterstützt und war mit eigenen Anträgen in den Ausschüssen des Bundesrates erfolgreich.

Die Europäische Kommission hat am 05.03.2025 ihre Mitteilung zur Union der Kompetenzen veröffentlicht. Sie soll einen strategischen Wendepunkt in der europäischen Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik markieren. Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger in der EU für ein wettbewerbsfähiges Europa zu rüsten. Die Mitteilung wird von dem Aktionsplan für Grundkompetenzen und dem Strategieplan für die Bildung in MINT-Fächern begleitet.

Angesichts vielfältiger Transformationsprozesse – vom digitalen Wandel bis hin zu einem zunehmenden Fachkräftemangel – sollen Menschen aller Altersgruppen und Qualifikationsstufen gezielt gefördert werden. Zu den Kernmaßnahmen gehören: die Stärkung von Grund- und Fachkompetenzen, Weiterbildung und Umschulung sollen als neue Norm zur Gewährleistung zukunftsorientierter Kompetenzen etabliert werden, um für den digitalen und grünen Wandel zu rüsten, die Förderung der Arbeitsmobilität und Anerkennung von Qualifikationen und die Anwerbung, Entwicklung und Bindung von Talenten bspw. über die Einrichtung eines EU-Talentepools und Initiativen wie »Choose Europe«. Darüber hinaus sollen eine Europäische Beobachtungsstelle für Kompetenzen zur Früherkennung von Fachkräftemangel und weitere Governance-Strukturen geschaffen werden.

Mit ambitionierten Zielen bis 2030 - etwa der deutlichen Reduktion von Kompetenzdefiziten in

Grundfertigkeiten und der Erhöhung des Anteils von MINT und IKT-Absolventinnen und -Absolventen sowie der Erhöhung des Frauenanteils – setzt die Kommission klare Maßstäbe für die künftige Entwicklung der europäischen Bildungs- und Arbeitslandschaft. Die Union der Kompetenzen soll auf Maßnahmen aufgebaut werden, die bereits im Rahmen des Europäischen Bildungsraums, der Europäischen Kompetenzagenda und des Europäischen Forschungsraums ergriffen wurden. Als Antwort auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen des europäischen Arbeitsmarktes setzt sie auf eine enge Zusammenarbeit von Bildungsinstitutionen, Unternehmen, Sozialpartnern und öffentlichen Stellen.

Der Bundesrat weißt u. a. in seiner Stellungnahme darauf hin, dass er das Verständnis eines auf die Zuführung von »Humankapital« zum Arbeitsmarkt reduzierten Bildungsbegriffes kritisch sieht. Er betont sein Verständnis eines ganzheitlichen Bildungsbegriffs, der auch die Entwicklung von sozialen, persönlichen und kulturellen Kompetenzen umfasst. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat auch darauf hin, dass Initiativen der Europäischen Union die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich der allgemeinen Bildung und der beruflichen Bildung, einschließlich der Hochschulbildung, lediglich fördern und ergänzen können. Derartige Initiativen dürften für die Mitgliedstaaten jedoch nicht verbindlich sein beziehungsweise unmittelbar in die nationalen Bildungssysteme eingreifen.

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